York. Die Vögel lösen so Kalzium aus Muschelschalen. Das dient der Produktion von Eiern

Eine bislang einmalige Form von Werkzeuggebrauch haben Forscher bei Papageien entdeckt: Einige Große Vasapapageien (Coracopsis vasa) verwenden Kieselsteine und Dattelkerne, um das Innere von Muschelschalen abzuschleifen und dann das Kalzium aufzulecken. In anderen Fällen nutzen sie diese Werkzeuge als Keile, um Muschelschalen in kleine Teile zu zerbrechen. Zwar greifen vor allem Männchen auf die Technik zurück, doch das Verhalten diene vermutlich der Produktion der Eier, vermuten die Forscher im Fachjournal „Biology Letters“ der britischen Royal Society.

Papageien seien schon für den Gebrauch von Werkzeugen bekannt, schreibt das Team um Katie Slocombe von der englischen University of York. Doch dies sei bisher nur bei vier der insgesamt rund 300 Papageienarten beschrieben worden. Zu ihnen gesellt sich nun der Große Vasapapagei, der auf Madagaskar lebt und bis zu 50 Zentimeter groß wird.

Slocombe und Kollegen beobachteten eine Gruppe von zehn in Gefangenschaft lebenden Tieren über 100 Stunden lang per Video. Alle Vögel machten sich an Muschelschalen zu schaffen, aber nur bei fünf von ihnen war der Gebrauch eines in den Schnabel geklemmten Werkzeugs eindeutig zu erkennen. Mehr als 60 Mal dokumentierten die Forscher, wie die Tiere – vier davon waren Männchen – Muschelschalen abschliffen. Zudem gaben zwei Männchen ihr Werkzeug mehrfach an ein Weibchen weiter, mit dem sie sich gepaart hatten.

„Obwohl archäologische Aufzeichnungen den Gebrauch von Schleifwerkzeugen beim Menschen vor 30.000 Jahren dokumentieren, ist dies nach unserem Wissen der erste Bericht von einem nicht menschlichen Lebewesen, das ein Werkzeug zum Abschleifen benutzt“, schreiben die Autoren.

Die Vögel zeigen das Verhalten vor allem kurz vor der Brutzeit

Auffällig war die Zeit, in der sie den Werkzeuggebrauch beobachteten: In 88 Prozent der Fälle war es von März bis Mitte April, kurz vor der Brutzeit. Das Team vermutet deshalb, dass das Abschleifen von Muschelkalk und das anschließende Auflecken des Pulvers mit der Eiproduktion zu tun hat. Das klingt bei männlichen Papageien zunächst widersinnig. Doch Große-Vasapapagei-Männchen füttern die Weibchen während Balz und Paarung sowie beim Brüten, indem sie verzehrtes Essen hervorwürgen. So könnte das für die Eierproduktion benötigte Kalzium indirekt zu den Weibchen gelangen. Einige Fragen seien noch offen, schreiben die Forscher. Vor allem ist unklar, ob auch wildlebende Große Vasapapageien das Verhalten zeigen.