Berlin. Viele Neudiagnosen in Berlin und Hamburg. Vor allem Schwule infizieren sich mit der Geschlechtskrankheit.

Die Zahl gemeldeter Syphilisfälle ist seit 2010 kontinuierlich angestiegen. Im vergangenen Jahr erreichten die Neudiagnosen mit 5722 einen neuen Höchstwert. Dies teilte das Robert Koch-Institut (RKI) mit. Berlin und Hamburg liegen bundesweit an der Spitze.

Sie gilt als „Chamäleon“ unter den sexuell übertragbaren Krankheiten: Weil die Symptome der Syphilis oft weder sichtbar noch schmerzhaft sind, bleibt die Infektion zunächst häufig unentdeckt. Hervorgerufen wird sie durch das Bakterium Treponema pallidum und lässt sich mit Penizillin gut behandeln. Zu den ersten Symptomen zählen Geschwüre im Genitalbereich oder im Mund. Diese sondern eine stark ansteckende Flüssigkeit ab. Beim Sex kann es so zur Übertragung kommen. Nach dem Abheilen der Geschwüre verläuft die Krankheit in Schüben. Unbehandelt führt Syphilis zu Hautausschlägen und später auch zu Organschäden.

Vorrangig ist die Krankheit in der Schwulenszene präsent. 84 Prozent der Fälle gehen nach den RKI-Daten vermutlich auf einen sexuellen Kontakt zwischen Männern zurück. Bei Frauen und heterosexueller Übertragung blieben die Zahlen unauffällig.

Berlin liegt bei den Fallzahlen bundesweit klar vorn. Die Rate der Neuerkrankungen lag dort 2014 bei 31 Fällen je 100.000 Einwohner. In der Hauptstadt erkranken damit – ins Verhältnis zur Einwohnerzahl gesetzt – mehr als viermal so viele Menschen wie im bundesweiten Mittel (7,1/100.000). Hamburg steht mit 19,7 Meldungen je 100.000 Einwohner an zweiter Stelle. Doch auch außerhalb der Großstädte breitet sich Syphilis aus: Ein Drittel der Meldungen stammen aus Orten mit weniger als 100.000 Einwohnern.

Eigentlich glaubte man Syphilis in Deutschland längst unter Kontrolle. Doch Safer Sex ist wieder aus der Mode gekommen, das Internet und Apps erweitern die Möglichkeiten für schnelle sexuelle Kontakte enorm. Partywochenenden unter Einfluss stimulierender Drogen wie Crystal seien eine weitere Ursache für die Entwicklung, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der sexuellen Gesundheit (DSTIG), Professor Norbert Brockmeyer. Mit den Drogen sinke das Risikobewusstsein der Nutzer.

Angesichts der RKI-Zahlen fordert Armin Schafberger, Medizinreferent bei der Deutschen Aids-Hilfe frühere Diagnosen. Mindestens einmal jährlich sollten gefährdete Personen zu einem vorbeugenden Test. In anderen EU-Ländern sieht es dem RKI-Bericht zufolge sowohl beim Zugang zu Tests als auch zu spezifischen Untersuchungen weit besser aus als in Deutschland. Brockmeyer warb zudem für leicht verständliche Kampagnen zum Schutz beim Sex und neue Beratungsansätze. Darüber hinaus sei der einzige Weg: „ein freier Umgang mit Aufklärung“ – schon in der Schule.