Berlin. Gastbeitrag – Der bevorstehende UN-Klimagipfel in Paris bündelt die Aufmerksamkeit. Ohne Ergebnisse droht aber anschließend die Ernüchterung

Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich eine Vorreiterrolle Deutschlands beim Klimaschutz. Dies ist ein Ergebnis der aktuellen Onlinebefragung meiner Forschungsgruppe mit über 2000 Teilnehmern. 37 Prozent geben an, dass Klima- und Umweltschutz eine wichtige Rolle bei ihrer Wahlentscheidung spielen. Gleichzeitig gibt es großen Erklärungsbedarf zur Klimapolitik. Das konkrete Ziel des nahenden Weltklimagipfels ist vielen Menschen ebenso unklar wie die genaue Bedeutung der Zwei-Grad-Grenze. Eine Herausforderung für die Journalisten, die über die anstehende 21. UN-Klimakonferenz berichten.

Die Konferenz verspricht ein globales Medienereignis zu werden, das für kurze Zeit die Aufmerksamkeit von Journalisten für das Thema Klimawandel bündelt – die Voraussetzung für eine weltweite öffentliche Debatte. Die Konzentration der Berichterstattung auf einzelne Großereignisse birgt aber auch Risiken: Die Erwartungen der Öffentlichkeit sind hoch. Wenn sich die Politiker nicht auf verbindliche Ziele einigen können, droht anschließend die Resignation. Die Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 ist ein Beispiel dafür. Damals nahmen 3200 Journalisten teil. Nach ihrem enttäuschenden Ergebnis kam in den folgenden Jahren nur noch weniger als die Hälfte der Journalisten zu den Gipfeln. Und die Berichterstattung zum Thema versiegte in einigen Medien. Jetzt steigt sie erstmals seit einigen Jahren wieder an.

Gebot der Ausgewogenheit – Fluch für den Klimajournalismus?

Für mich als Kommunikationswissenschaftler ist das eine spannende Phase. Mit meinem Team erforsche ich, wie sich die Debatten entwickeln und welche Rolle die Journalisten dabei spielen. Sie stehen vor der Aufgabe, die komplexen Szenarien der Klimaforschung oder die politische Gemengelage auf einer Klimakonferenz kurz und einfach zu erklären.

Viele Studien belegen, dass wissenschaftliche Debatten und Berichterstattung immer wieder auseinanderlaufen: Während es unter Wissenschaftlern Konsens ist, dass der Mensch den gegenwärtigen Klimawandel prägt, kommen vor allem in den englischsprachigen Medien immer noch Stimmen zu Wort, die das grundsätzlich infrage stellen. Wie kommt es dazu? Liegt es gar daran, dass die Journalisten selbst an der Existenz des Klimawandels zweifeln?

Wir haben Journalisten in fünf Ländern gefragt und ihre Artikel ausgewertet. Ergebnis: Die Journalisten sind sich einig, dass der Klimawandel real und menschengemacht ist. Wie lässt sich die Präsenz der skeptischen Positionen in den Medien dann erklären? Ursprünglich war es das journalistische Gebot der Ausgewogenheit, das dazu führte: Zu einem Streitfall sollten immer Pro und Kontra gehört werden. Inzwischen haben die Journalisten verstanden, dass es gar keinen wissenschaftlichen Streitfall gibt: Der Klimawandel existiert. Nun ist eine Story über Skeptiker aber trotzdem attraktiv, denn Konflikt verkauft sich gut und die Geschichte ist einfacher erzählt als die komplizierten Diskussionen der Klimaforschung.

Die journalistische Herausforderung ist nun, neue Storys über den Klimawandel zu entwickeln. Wir werden dem folgen: Mit einem neu entwickelten Onlinemonitor scannen wir die Berichterstattung in 40 Ländern und befragen die Öffentlichkeit während und nach der Konferenz erneut. Außerdem kommentieren Experten auf dem Medien-Watch-Blog (www.climatematters.hamburg) die Berichterstattung.