bremerhaven.

Erwärmen sich die arktischen Gewässer wegen des Klimawandels auch nur um ein oder zwei Grad, hat dies gravierende Folgen für die dortigen Meereslebensräume. Es genüge ein Warmwassereinstrom von wenigen Jahren, um die Lebensgemeinschaften bis hinunter in die Tiefsee grundlegend zu verändern, teilte das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) am Donnerstag mit. Das ergaben Langzeitbeobachtungen in der Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen, wo sich die Wassertemperatur von 2005 bis 2008 vorübergehend schon einmal so stark erhöht hatte. Die AWI-Forscher um Biologe Thomas Soltwedel hatten den Fang von 21 permanenten Sammelstationen in 250 bis 5500 Metern Tiefe ausgewertet.

„Da die polaren Organismen an kalte Bedingungen angepasst sind, kam dieser Wärmeeintrag einem Temperaturschock gleich“, sagte Soltwedel. Normalerweise sei das oberflächennahe Wasser drei Grad kalt. Als Folge des Warmwassereinstroms vermehrten sich frei schwimmende Flügelschnecken und Flohkrebse, die für gewöhnlich in gemäßigten Bereichen des Atlantiks vorkommen. Zugleich vermehrte sich die Schaumalge Phaeocystis rapide. „Ab 2006 machte die Alge 85 Prozent des Planktonbestandes aus, während sie vorher so gut wie gar nicht vorkam“, sagte Soltwedel. Kieselalgen wurden dagegen verdrängt. Das sei eine gewaltige Umwälzung. Die Schaumalge verklumpe leicht, dadurch sinke sie schneller auf den Meeresboden als Kieselalgen. Plötzlich hatten Kleinstlebewesen am Boden einen Futterregen.

Soltwedel beunruhige, dass die Veränderungen des Lebens in der Tiefsee derart rasch erfolgen und teilweise bleibend seien, obwohl der Warmwasserstrom wieder abgeebbt sei. Wodurch der Einstrom verursacht wurde, sei unklar. Die Ergebnisse zeigten aber, welche Folgen die Erwärmung arktischer Gewässer durch den Klimawandel habe.