New Haven. Forscher fanden heraus: Nur wenigen Probanden war es unangenehm, mehr zu besitzen als der andere

Die Abneigung, weniger zu bekommen als andere, gibt es überall auf der Welt, schon bei Vierjährigen. Dass einem eigener, unfairer Mehrbesitz unangenehm ist, entwickle sich dagegen erst bei etwa Achtjährigen – und das auch nur in wenigen Gesellschaften, berichten Forscher um Katherine Mcauliffe von der Yale University in New Haven (US-Staat Connecticut) im Fachmagazin „Nature“.

Die Wissenschaftler bezogen 866 Kinderpaare zwischen vier und 15 Jahren in ihre Analyse ein. Die Kinder stammten aus verschiedenen Kulturen in Kanada, Indien, Mexiko, Peru, Senegal, Uganda und den USA. In Altersgruppen unterteilt, absolvierten sie Varianten eines Spiels, bei dem ein Kind Entscheidungen trifft und das andere passiver Empfänger ist. Zog der „Entscheider“ an einem grünen Griff, bekamen beide Kinder eine bereits aufgeteilte Belohnung, wurde ein roter Griff gezogen, verschwand die Gabe in einem Behälter und konnte von keinem der beiden Kinder geholt werden. Der Leiter des jeweiligen Experiments bot in den Versuchen jeweils kleine Naschereien als Belohnung an, die entweder gerecht oder zuungunsten eines der Kinder aufgeteilt waren. In allen sieben Gesellschaften lehnten Kinder Angebote oft komplett ab, wenn ihnen weniger zugedacht wurde als dem passiv zuschauenden Kind. In den USA und Kanada war dies schon bei Vier- bis Sechsjährigen so, in Mexiko erst bei Zehnjährigen. Es sei bemerkenswert, dass sich Kinder überall so verhielten, schreiben die Forscher. Schließlich koste die Ablehnung des Angebots jeweils auch die eigene, wenn auch kleinere Belohnung.

Sich selbst mehr zuzugestehen als dem Gegenüber, kam nur bei älteren Kindern aus den USA, Kanada und Uganda vielfach nicht infrage. Sie zogen den roten Griff und ließen die Nascherei lieber verschwinden, als mehr zu bekommen als ihr Gegenüber. Dabei spiele vielleicht der soziale Druck in westlichen Industriegesellschaften eine Rolle, alle Menschen gleich zu behandeln, so die Forscher. Eine mögliche Erklärung für die Ergebnisse in Uganda sei, dass dort von westlichen Lehrern unterrichtete und dadurch mit westlichen Normen vertraute Schüler einbezogen wurden. Eine Motivation, Entscheidungen zum Nachteil anderer abzulehnen, könne allein schon die Angst davor sein, unfair zu wirken. Jedenfalls müsse es kulturelle Einflüsse wie die Sorge um die eigene Reputation geben, um jemanden zu einem solchen Verzicht zu bewegen.