Berlin. Starker Vitamin-D-Mangel gefährdet die Knochengesundheit. Ab wann ein Mangel gefährlich ist und welche Gegenmaßnahmen helfen.

Im Winter mangelt es mehr Menschen an Vitamin D als im Sommer. Das für die Knochen wichtige Vitamin bildet sich unter Sonnenlicht in der Haut – an trüben Wintertagen ein schwieriges Unterfangen. Mehr als 50 Prozent der Deutschen sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nicht optimal mit Vitamin D versorgt. Ab wann ist ein Mangel gefährlich, wer ist häufig betroffen, und welche Gegenmaßnahmen können helfen?

Was bewirkt Vitamin D?

Vitamin D fördert die Aufnahme von Kalzium aus dem Magen-Darm-Trakt und sorgt für die Härtung der Knochen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat es zudem Einfluss auf die Muskelkraft. Befeuert durch falsche Angaben in Ratgebern und das Anpreisen von Vitamin-D-Pillen als Allheilmittel kursieren zunehmend Gerüchte, das Sonnenvitamin könne Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Depressionen vorbeugen oder gar heilen. Erwiesen ist, dass ein schwerer Vitamin-D-Mangel zu schweren Knochenleiden wie Osteomalazie, bei Kindern Rachitis genannt, führen kann. „Durch die Demineralisierung des Knochens werden diese weich, und es kann zu Brüchen kommen“, erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Bei Kindern mit Rachitis bleiben die Knochen weich und können sich verformen. Auch verringerte Muskelkraft und eine höhere Infektanfälligkeit gehörten zu den Folgen, so Gahl.

Wie ist der Stand in Deutschland?

20 Mikrogramm Vitamin D gelten nach Schätzungen der DGE als empfehlenswerte Tagesdosis. Das entspricht etwa einem Wert von 50 Nanomol Vitamin D pro Liter Blut. Mehr als die Hälfte der Deutschen schafft diesen Wert laut einer Erhebung des Robert Koch-Instituts von 2014 nicht. Menschen, deren Blutwert unter 25 Nanomol liegt, haben ein erhöhtes Osteoporose-Risiko. Knapp 20 Prozent der Deutschen fallen laut dem RKI in diese Gruppe.

Wer hat ein erhöhtes Risiko?

Ein schwerer Mangel mit weniger als 12,5 Nanomol Vitamin D pro Liter Blut ist hierzulande äußerst selten. Jeweils etwa vier Prozent der Jungen und Mädchen zwischen drei und 17 Jahren sowie je etwa zwei Prozent der Männer und Frauen sind davon betroffen. Zu den Risikogruppen gehören zudem Kranke, die etwa an Osteoporose leiden, vollverschleierte Frauen und Pflegeheimbewohner mit wenig Sonnenkontakt sowie Dunkelhäutige, die unter der europäischen Sonne weniger Vitamin D bilden als helle Hauttypen. Auch Senioren ab etwa 65 Jahren sind gefährdet, da ihre Haut die Fähigkeit verliert, selbst Vitamin D zu bilden.

Sind Vitamin-D-Präparate sinnvoll?
„Für diese Risikogruppen können Vitamin-D-Pillen sinnvoll sein, um die Knochen zu stärken“, sagt Bettina Sauer, Gesundheitsexpertin der Stiftung Warentest. Studien haben gezeigt, dass Senioren weniger Knochenbrüche erleiden, wenn sie zusätzliches Vitamin D aufnahmen. Eine generelle Empfehlung dafür, die Pillen zu schlucken, gibt es allerdings nicht. „Sie sind kein Wundermittel für alle“, so Sauer. Zwar ist durch die Sonne getanktes Vitamin D bekanntermaßen gesund, die Schutzwirkung von künstlich hergestellten Präparaten vor Krebs und weiteren Krankheiten ist jedoch bislang nur unzureichend nachgewiesen. „Zudem können die Pillen Nebenwirkungen wie zum Beispiel Nierensteine verursachen, wenn auch erst in sehr hohen Mengen“, sagt Sauer. Ohne Absprache mit einem Arzt sollte die Pillen keiner auf Verdacht schlucken.

Was sollten Betroffene tun?

Gibt es einen begründeten Verdacht auf Vitamin-D-Mangel, kann der Hausarzt zur Bestätigung das Blut testen. Die Krankenkasse zahlt diese Untersuchung aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, wenn der Patient etwa unter Osteoporose leidet. Ansonsten kostet sie 20 bis 30 Euro. Gemeinsam mit dem Arzt sollte die Entscheidung getroffen werden, ob die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten sinnvoll ist.

Wie ist die Empfehlung für Kinder?

Bei Babys und Kleinkindern gelten besondere Regeln. Sie dürfen vor allem im Sommer nicht der direkten Sonne ausgesetzt werden, denn sie überhitzen und verbrennen schnell. Muttermilch enthält jedoch nur geringe Mengen an Vitamin D. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin empfiehlt deshalb für alle Säuglinge die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten in einer Dosierung von zehn 12,5 Mikrogramm von der ersten Lebenswoche an bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Bei Kindern, die im Winter geboren wurden, sollte in Absprache mit dem Kinderarzt auch im zweiten Lebensjahr über die Wintermonate hinweg ein Vitamin-D-Präparat genommen werden.

Was müssen Gesunde beachten?

Anders als bei vielen anderen Vitaminen lässt sich nur wenig Vitamin D über die Nahrung aufnehmen. Im Winter kann sie dennoch einen kleinen Beitrag leisten: „Dann sollte zum Beispiel ein- bis zweimal pro Woche fetter Seefisch wie Hering und Makrele verzehrt werden“, rät Dr. Gert Mensink vom Robert Koch-Institut. Den größten Teil liefert aber die Sonne. Das BfR empfiehlt, die Haut in den sonnenreichen Monaten täglich, abhängig vom Hauttyp, zwischen 5 und 25 Minuten unbedeckt der Sonne auszusetzen. Wer das regelmäßig tut, speichert auch für die dunklere Jahreszeit zwischen Oktober und März Vitamin D.

Das Problem: „Ein Sonnenbrand sollte unbedingt vermieden werden“, warnt das RKI. Aber schon eine Sonnencreme mit Schutzfaktor 20 kann die Vitamin-D-Aufnahme stark reduzieren. Es gilt also abzuwägen, wann sich ein kurzes Sonnenbad anbietet, ohne die Haut zu schädigen. Von Solarien oder Tageslichtlampen als Ersatz raten Experten ab. Sie können die Sonnenstrahlung nicht optimal nachbilden und erhöhen bei falscher Dosierung das Hautkrebsrisiko.