Berlin. Übergewichtige Kinder sollten sich nicht aufs Abnehmen fixieren

15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) übergewichtig, rund sechs Prozent davon stark. Ärzte raten meist zu einer sogenannten Lebensstiltherapie. Dabei werden die Kinder ernährungs-, bewegungs- und verhaltenstherapeutisch geschult. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat nun gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen 48 Studien zur Wirksamkeit dieser Therapiemethode untersucht. Das Ergebnis: Viele Betroffene starten die Therapie mit falschen Erwartungen, selbst nach zwei Jahren verloren stark übergewichtige Kinder durch die Umstellung des Lebensstils kaum an Gewicht. Eine Gewichtsnormalisierung sei für die meisten Betroffenen mit einer Lebensstiltherapie mittelfristig nicht realistisch, so die DGE.

Das Problem sei dabei jedoch nicht die Therapie, sondern mangelnde Aufklärung und falsche Zielsetzung, so die Experten. Abnehmen gilt vielen stark übergewichtigen Kindern und Jugendlichen wie auch ihren Familien als einziger Gradmesser einer erfolgreichen Therapie. Meist hätten die jungen Patienten schon einen langen Leidensweg hinter sich, ehe sie professionelle Hilfe suchten. Umso größer sei daher die Hoffnung, mit einer ärztlich verordneten Therapie schnell Kilos zu verlieren. Geschieht das nicht, seien die Betroffenen enttäuscht.

Der Ansatzpunkt der Lebensstiltherapie ist jedoch ein anderer. Ärzte empfehlen sie vor allem, weil sie eine langfristige Verbesserung im Ernährungs- und Bewegungsverhalten bewirken soll. Zudem gelten eine Behandlung mit Medikamenten oder operative Eingriffe bei Kindern als riskant. Diese Methoden kommen erst in Frage, wenn die Lebensstiltherapie keine Erfolge zeigt. „Die Gewichtsabnahme muss dabei nicht notwendigerweise im Vordergrund stehen“, sagt der Initiator der Studie, Johannes Hebebrand.

Den jungen Patienten und ihren Familien müsste vielmehr vermittelt werden, dass durch die Therapie etwa Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gemindert und langfristig ein gesunder Lebensstil gefördert werden könnte, so die DGE. Zudem fordert sie, dass sich beispielsweise auch Ärzte bei der Behandlung mehr auf das Vermitteln eines gesunden Lebensstils als auf das starke Übergewicht der Kinder und Jugendlichen konzentrieren sollten. Das könnte die Betroffenen vom Abnehmzwang ablenken.