Berlin. Betroffene sollten die Funktion des Handys im Alltag überdenken. Eine App hilft, die eigene Nutzung einzuschätzen.

Wenn das Smartphone zum bestimmenden Teil des Alltags wird und vielleicht sogar Arbeit oder das Umfeld darunter leiden, dann sollte der Umgang mit dem Handy überdacht werden. Betroffene merken aber oft gar nicht, wie viel Zeit sie tatsächlich mit ihrem Handy verbringen, sagt Prof. Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie an der Universität Ulm: „Bei der Smartphonenutzung gibt es häufig das Problem der Zeitverzerrung, man kann nur sehr schlecht einschätzen, wie lange man es tatsächlich in der Hand hat.“

Um Nutzern exakt zu zeigen, wie lange und wie oft sie ihr Smartphone in die Hand nehmen, hat Montag gemeinsam mit Informatikern und Psychologen der Universität Bonn die App „Mental“ entwickelt. Die kostenlose Android-App zeigt an, wie viel Zeit man täglich am Smartphone verbringt und welche Apps am häufigsten genutzt werden. Das kann ein wichtiger erster Schritt sein, sagt Montag: „Wenn jemand mithilfe der App seine tägliche Nutzung erfasst hat, bekommt er konkrete Zahlen, damit er sich eine Vorstellung davon machen kann.“ Dann könne er eigene Strategien ergreifen, um die Nutzung zu reduzieren.

Wer die Uhrzeit abliest, bleibt hängen

Der bloße Vorsatz, nicht so oft aufs Handy zu schauen, genügt oft nicht. Stattdessen muss auch die Funktion des Smartphones im Alltag angepasst werden. „Es hilft, sich wieder eine Armbanduhr zuzulegen. Viele nutzen ihr Smartphone als Uhr, ziehen es aus der Tasche, bleiben dann daran hängen. Sie nutzen viele andere Funktionen, schauen aber gar nicht auf die Uhr“, sagt Christian Montag. Mit einer Armbanduhr tappe man viel seltener in die Aufmerksamkeitsfalle des Handys.

Ein Wecker
kann bei der
Entwöhnung
vom Handy
helfen
Ein Wecker kann bei der Entwöhnung vom Handy helfen © Istockphoto/parema

Auch im Schlafzimmer könne diese Strategie helfen, so der Experte: „Man sollte sich wieder einen richtigen Wecker zulegen und das Schlafzimmer zur Smartphone-freien Zone machen.“ Denn 40 Prozent der Nutzer würden in den letzten und ersten fünf Minuten des Tages auf ihr Handy schauen. „Das erzeugt viel Stress, man wird mit Neuigkeiten überrollt, obwohl man sich eigentlich erst einmal sortieren sollte.“ Eltern rät Montag, sich zusammenzuschließen, wenn sie die Handynutzungsdauer ihrer Kinder reduzieren wollen. „Vereinbaren Sie zum Beispiel gemeinsam für den Nachmittag feste Spielzeiten draußen. Dann kann kein Kind sich beschweren, dass all seine Freunde gerade in einer Whats-App-Gruppe aktiv seien.“