Berlin . Aldi mischt ab heute im Streaming-Geschäft mit. Reicht der Kampfpreis von monatlich 7,99 Euro, um Spotify, Apple Music und Co zu ärgern?

Musik-Streaming boomt. Im ersten Halbjahr 2015 setzten Spotify, Deezer, Apple Music und Co laut Bundesverband der Musikindustrie rund 88 Millionen Euro um und erzielten damit ein Plus von 87 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Natürlich ist die CD noch immer unangefochtener Spitzenreiter: Mehr als die Hälfte (60,7 Prozent) der Musikumsätze wurden im ersten Halbjahr durch Verkäufe von Alben auf CD erzielt, Streaming kommt im Vergleich nur auf zwölf Prozent. Doch die goldenen Tage der CD sind schon lange vorbei: 1997 setzten Plattenfirmen allein mit CD-Alben 2,3 Milliarden Euro um. 2014 waren es nur noch 985 Millionen Euro.

So sind es derzeit vor allem Streaming-Angebote, die der seit Jahren schwächelnden Musikindustrie wieder Zuwächse bescheren. Nachdem Ende Juni mit Apple Music ein echter Branchenriese ins Streaming-Geschäft eingestiegen ist, kommt heute ab acht Uhr ein deutscher Discounter dazu: Aldi.

Mehr als ein Dutzend Streaming-Anbieter mit ähnlichem Konzept

Musik mieten statt kaufen. Das ist das Konzept der zahlreichen Musikstreaming-Dienste: Solange man eine monatliche Gebühr bezahlt, darf man so viel Musik hören, wie man möchte. Wird das jeweilige Abo gekündigt, erlöschen auch die Nutzungsrechte an der Musik – im Gegensatz zu einem Downloadkauf oder dem Kauf eines Musikalbums auf CD erhält man nichts Bleibendes. Für viele Nutzer ist Streaming dennoch attraktiv, da sie für den Preis eines einzigen Musikalbums Zugriff auf die Musik von Hunderttausenden von Künstlern erhalten.

In Deutschland ist mittlerweile mehr als ein Dutzend Anbieter am Markt, die im Wesentlichen ein ähnliches Konzept bieten: unbeschränkte Nutzung des jeweiligen Musikkatalogs für monatlich rund zehn Euro. Teilweise gibt es auch Gratisangebote mit eingeschränkter Funktion und Werbeeinblendung.

Aldi Life Musik bringt Napster-Streaming zum Kampfpreis

Mit Aldi wagt sich nun erstmals auch ein Discounter in den deutschen Streaming-Markt. Aldi Life Musik (aldilife.de) ist allerdings kein eigenes Angebot, sondern setzt auf das Streaming-Urgestein Napster.com auf. Das Besondere am Angebot ist der Preis: Mit 7,99 Euro monatlich ist Aldis Streaming-Offerte zwei Euro günstiger als die der meisten Konkurrenten.

Abgesehen davon bietet Aldi Life Musik alles, was man von einem aktuellen Musik-Dienst erwartet: Mehr als 34 Millionen Songs, die via Browser auf Mac und PC gehört werden können, sowie Apps für Android, iOS und Windows Phone. Als Besonderheit sind noch die rund 10.000 ebenfalls enthaltenen Hörbücher zu nennen. Alle Songs können für die Dauer des Abonnements auch auf den Geräten gespeichert werden, damit unterwegs nicht auf mobile Daten zurückgegriffen werden muss. Je nach Geschmack lässt sich die Qualität der Musikstreams zwischen 64 und 320 Kilobit pro Sekunde einstellen. Wer nur wenig Platz auf dem Smartphone oder eine langsame Internetverbindung hat, kann so – auf Kosten der Audioqualität – Daten sparen.

Der neuen Musik-Streaming-Dienstes
Der neuen Musik-Streaming-Dienstes "Aldi Life" © dpa | Matthias Balk

Eine praktische Funktion der App heißt TrackMatch: Damit kann, wie auch mit Shazam, Musik, die gerade im Umfeld läuft, erkannt und direkt der eigenen Playlist hinzugefügt werden. Natürlich darf der Dienst mit Paypal oder Kreditkarte bezahlt werden – allerdings besteht auch die Möglichkeit, Guthabenbons in den Aldi-Filialen für die monatliche Nutzung zu kaufen. Darüber hinaus hat Aldi zwei neue Tarife für Aldi Talk angekündigt: Das Musik Paket M bietet für 9,99 neben der Musik-Flatrate 50 Gesprächsminuten beziehungsweise SMS in alle deutsche Netze sowie 200 MB mobiles Datenvolumen. Das Musik Paket L kostet 14,99 und bietet 100 Gesprächsminuten/SMS sowie 500 MB Datenvolumen.

Bei der Wahl des richtigen Anbieters entscheiden oft Details

Die Unterscheidungsmerkmale zwischen den Anbietern sind nicht sehr groß: Wer keine ausgefallene Musik hört, kann nahezu jeden Anbieter wählen. In puncto Preis/Leistung hat Aldi derzeit sicherlich das attraktivste Angebot. Aber auch die anderen großen Dienste haben Vorteile. Spotify.com und Deezer.com etwa bieten einen kostenlosen Basis-Service mit eingeschränktem Funktionsumfang und Werbeeinblendungen. Darüber hinaus gibt es bei allen Anbietern die Möglichkeit, den Dienst einen Monat lang (Apple Music sogar drei Monate) kostenlos auszuprobieren. Hier sollte man unbedingt daran denken, den Dienst rechtzeitig vor Ablauf des Testzeitraums zu kündigen, sonst werden die Abos in der Regel kostenpflichtig verlängert. Die Musik wird bei eigentlich allen Anbietern mit einem verlustbehafteten Komprimierungsverfahren verkleinert, um die Datenmenge im Rahmen zu halten. Dennoch dürfte die Audioqualität der Musikstreams für den überwiegenden Teil der Nutzer vollkommen ausreichen. Wer unbedingt auf verlustfreier CD-Qualität besteht, bekommt sie bei Tidal.com. Allerdings für einen saftigen Aufpreis: Monatlich werden für Tidal Hifi 19,99 Euro fällig.

Wer gleich die ganze Familie mit Musikstreaming versorgen will, sollte sich die Familenmitgliedschaft bei Apple Music anschauen. Für 14,99 Euro können bis zu 6 Personen den Dienst gemeinsam nutzen. Bislang braucht man dafür noch ein Apple-Gerät oder einen PC mit iTunes, ab Herbst soll Apple Music auch Android-Geräte unterstützen. Ebenfalls eine gute Wahl ist Apple Music für diejenigen, die gern exklusive Neuerscheinungen von großen Popstars hören wollen. So ist es derzeit etwa der einzige Dienst, auf dem Taylor Swifts aktuelles Album „1989“ gestreamt werden kann.

Wer besonders viel mobil Musik hört, sollte, um sein Datenvolumen zu schonen, möglichst auf die Offlinefunktion zurückgreifen, die bei allen Angeboten dabei ist. Dabei speichert man seine Lieblingsalben auf dem Gerät. Wird die Musik dagegen unterwegs über das Mobilnetz gestreamt, verbraucht man dabei – je nach Audioqualität – leicht 60 MB und mehr pro Stunde. Hier bieten Spotify und die Telekom ein besonderes Angebot: Wer die Music Streaming Option zu seinem Handytarif dazubucht, kann Spotify unbegrenzt mobil nutzen, ohne dass es auf das mobile Datenvolumen angerechnet wird. Wer einen Streaming-Dienst auf seinem heimischen Wifi-Boxen-System nutzen möchte, liegt mit großen Anbietern wie Spotify oder Deezer richtig. Boxen-Anbieter Sonos unterstützt zahlreiche Dienste, bis Ende des Jahres soll auch Apple Music dabei sein.