Berlin. OECD-Studie sieht weltweit Nachholbedarf in Schulen. „Pädagogik ist nicht gut genug“

Weltweit lassen Schulen und Pädagogen die Chancen der Digitalisierung für eine bessere Bildung ungenutzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Beim PISA-Test 2012 hatten die Forscher erstmals bei 510.000 teilnehmenden Schülern in 65 Ländern auch digitale Fähigkeiten getestet und die 15-Jährigen nach dem Einsatz von Computern in der Schule befragt. Es ging um den Zusammenhang von Technik und Lernerfolgen. „Die Wirklichkeit in unseren Schulen hinkt dem großen Versprechen der Technologisierung hinterher“, sagt Andreas Schleicher, PISA-Koordinator und Leiter der OECD-Bildungsabteilung. Technologie biete einzigartige Möglichkeiten, den Zugang zu Bildung dramatisch zu steigern. Die Welt bräuchte dazu aber neue Strategien und eine innovativere Lehre.

Den Zahlen zufolge hatten 96 Prozent der 15-Jährigen im Jahr 2012 einen Computer zu Hause, aber nur 72 Prozent nutzten Desktop, Laptop oder Tablet in der Schule. In Deutschland lag diese Zahl bei 68 Prozent und damit unterhalb des OECD-Durchschnitts. Doch auch in Ländern, die Computer intensiver im Bildungssystem einsetzten oder die massiv in die Digitalisierung investiert hätten, habe dies keine positiven Effekt bei Leseleistung oder dem Verständnis für Wissenschaft und Mathematik gezeigt.

Laut Studie hatten selbst die Leistungen im Digitalen nicht zwangsläufig etwas mit dem Einsatz von Computern in der Schule zu tun. In Ländern, in denen Technik in Klassenräumen weniger verbreitet sei, waren die Ergebnisse beim „digitalem Lesen“ sowie in „computerbasierter Mathematik“ besser. Die OECD schlussfolgert daraus, dass digitale Fähigkeiten auch konventionell gelehrt werden könnten. Und die Pädagogik nicht gut genug sei, „um das Beste aus der Technologie herauszuholen“. „Wenn wir wollen, dass Schüler cleverer sind als ein Smartphone, müssen wir stärker über Pädagogik nachdenken“, fordert Schleicher. Technologie könne gute Lehre verstärken, eine schlechte Lehre aber nicht ersetzen. Kritik äußerte die OECD auch an der Qualität der Bildungssoftware. Schleicher: „Mal ehrlich – wie viele Schüler würden wohl ein Computerspiel spielen, das die Qualität mancher Software hat, die heute weltweit den Weg in viele Klassenzimmer findet.“

Wer die neuen Medien zu viel nutzt, riskiert den Lernerfolg

Allen Forderungen nach einem effektiveren Technologieeinsatz zum Trotz, ruft die OECD erneut dazu auf, mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Der Einzug des Digitalen in die Schulen habe die Ungleichheit nicht auflösen können. Die Fähigkeiten zwischen armen und reichen Schülern klafften nach wie vor auseinander. Und auch das legt die Studie nah: Wer Internet und neue Medien zu intensiv nutze, riskiere den Lernerfolg. „Eine Surfdauer von mehr als sechs Stunden täglich könne Lerndefizite nach sich ziehen“, so die OECD. Vielsurfer jedenfalls, von denen der Anteil in Deutschland unter zehn Prozent liegt, gaben zudem Pro­bleme mit der Akzeptanz in der Schule an und hatten mehrfach die Schule geschwänzt.