Berlin. Studie des Oeschger-Zentrums in Bern sieht Zusammenhang zwischen dem Verlust von Meereis in der Arktis und Niederschlägen in Sibirien

Ein internationales Team aus Klimaforschern um den deutschen Wissenschaftler Martin Wegmann hat untersucht, welche Auswirkungen der Rückgang des Meereises in der Arktis auf das Wetter in anderen Regionen hat. Das Ergebnis: In Teilen Russlands führt weniger Eis zu stärkerem Schneefall. Die Effekte auf Europa indes sehen ganz anders aus.

Das Oeschger-Zentrum für Klimaforschung an der Universität Bern untersucht seit Jahren, welche Effekte der Klimawandel auf das lokale Wetter hat. Die Forscher haben bewiesen, dass tropische Vulkanausbrüche uns unter Umständen den Sommer in Europa vermiesen können. In einer neuen Studie macht das Team um Martin Wegmann nun deutlich, dass die globale Erwärmung in einigen Regionen auch extreme Wetterlagen bedingt, die man eher mit dem Winter verbindet. Um ein eindeutiges Ergebnis für die Situation in Sibirien zu erhalten, haben Forscher von Instituten aus Deutschland, Norwegen, Russland, Spanien und der Schweiz die Daten von über 800 Wetterstationen in Russland ausgewertet. Untersucht wurde das Klima in zehn ausgewählten Jahren zwischen 1979 und 2012. Die Wahl von Russland als Betrachtungsort erklärt Martin Wegmann mit der umfangreichen Datensammlung in Russland, die einzigartig sei. Seit Beginn der Satellitenmessungen 1980 hat die Ausdehnung des Meereises im Sommer in der Arktis um zehn Prozent abgenommen.

Die Zusammenfassung der aktuellen Studie des Oeschger-Zentrums besagt: In Jahren, in denen es einen besonders starken Rückgang des arktischen Meereises im September gibt, fällt in den folgenden Monaten außergewöhnlich viel Schnee in Sibirien. Wer als Laie das Bild von einer stetigen globalen Erwärmung im Hinterkopf hat, kann sich nur schwer vorstellen, warum diese auch zu mehr Schnee und damit einem gefühlt härteren Winter in einigen Regionen der Welt führen kann.

Für Martin Wegmann ist der Zusammenhang zwischen Eisschmelze und Schneefall erklärbar. „In dem Fall unserer Studie führt die besonders starke Erwärmung der Arktis dazu, dass das Meer mehr Wasser verdunsten kann und somit mehr Feuchtigkeit für Schneefall zur Verfügung steht“, sagt Wegmann. Und eben diese Feuchtigkeit schlägt sich dann über Sibirien als Schnee nieder.

Die Intensität des Schneefalls sei in etwa vergleichbar mit den Rekordschneefällen in Boston und den New-England-Staaten in den USA im vergangenen Winter. Im Februar dieses Jahres waren dort knapp zwei Meter Schnee innerhalb von zwei Wochen gefallen – das öffentliche Leben kam weitestgehend zum Erliegen. Ein einzelner großer Schneeberg war erst im Juli komplett geschmolzen.

Die klimatischen Veränderungen in der Arktis haben auch belegbare Effekte auf Europa. So konnten Martin Wegmann und sein Team beweisen, dass in den September-Monaten mit besonders wenig arktischem Eis die Herbstmonate in Europa eher trocken waren, da Nordeuropa von einem Hochdruckgebiet dominiert wurde. Dieses Hoch sei der Grund dafür, dass die Feuchtigkeit aus der Arktis abgehalten wurde.