Riverside. Die Insekten nehmen eine Art chemischen Barcode wahr

Ameisen können Körpergerüche extrem detailliert erkennen. Die Tiere seien so in der Lage, die verschiedenen Gruppen innerhalb der Kolonie und aus anderen Völkern stammende Eindringlinge zuzuordnen, berichten US-Forscher im Fachmagazin „Cell Reports“. Möglicherweise bildeten verschiedene Kohlenwasserstoffe an der Körperoberfläche der Tiere eine Art chemischen Barcode.

Menschen nutzen vor allem ihre Augen, um Freunde und Verwandte zu erkennen. Auch in komplexen Gesellschaften lebende Insekten müssen andere Individuen sicher erkennen können, um zwischen Nestgenossen, Feinden und Parasiten zu unterscheiden. Bei ihnen geschieht das vor allem über chemische Signalstoffe, sogenannte Pheromone. Ameisen tragen eine komplexe Mischung solcher Moleküle auf der Körperoberfläche, der sogenannten Kutikula. Zum großen Teil sind dies Kohlenwasserstoffe.

Die Forscher untersuchten die Reaktion auf verschiedene Kohlenwasserstoffe

Die „Nase“ der Ameisen sitzt auf ihren Fühlern: eine Kollektion verschiedener Duftrezeptoren. Die Forscher um Anandasankar Ray von der University of California in Riverside untersuchten nun systematisch die Reaktion einzelner Neuronen in den Fühlern auf typische Kohlenwasserstoffe in der Kutikula der Rossameise Camponotus floridanus. Auf diese Weise konnten sie exakt erfassen, welches Molekül im sensorischen System der Tiere welche Reaktion auslöst.

„Zu unserer Überraschung werden diese flüchtigen Verbindungen von den spezialisierten Fühlersensoren nicht nur sehr sensitiv erkannt, es werden zudem fast alle Kohlenwasserstoff-Komponenten wahrgenommen“, erklärt Ray. Die Fähigkeit, ein so breites Spektrum solcher Verbindungen regis­trieren zu können, sei ungewöhnlich und möglicherweise eine Eigenheit sozial lebender Insekten.

Die Forscher vermuten, dass Ameisen nicht nur auf die An- und Abwesenheit bestimmter einzelner Kohlenwasserstoffe reagieren, sondern das Gemisch der vorhandenen als eine Art chemischen Barcode wahrnehmen. Camponotus floridanus besitze mehr verschiedene Geruchsrezeptoren als der Mensch und die meisten anderen Insekten. Versuche mit markiertem Futter hätten gezeigt, dass Ameisen dieser Art selbst minimal verschiedene Kohlenwasserstoffe unterscheiden können.

Über das Leben von Ameisen gibt es immer wieder Erkenntnisse, die staunen lassen. So fanden Forscher heraus, dass bestimmte Ameisen beim Erkunden unbekannten Terrains einen Linksdrall haben. In fremden Nestern mit ihrem Labyrinth aus Gängen behalten sie so besser den Überblick. Für andere Ameisen wurde gezeigt, dass sie sich bei einer Überschwemmung zu lebenden Flößen verbinden – mit den Larven und Puppen wegen deren höherem Auftrieb nach unten. Zu den komplexesten Verhaltensweisen gehört die Konstruktion der Nester. Eine Entdeckung dabei: Schwarze Wegameisen legen sogar Klonischen an.