St. paul. Einige wilde Tiere reagieren auf die Fluggeräte mit Stress. Kormorane flüchten aufgeregt, nur Rothirsche bleiben gelassen

Ein unbekanntes Flugobjekt würde wohl fast jeden Menschen schrecken. Ähnlich geht es Bären, haben Forscher herausgefunden: Vor „Ufos“ wie Quadrocoptern laufen die Tiere zwar selten weg, ihr Herz klopft aber rascher – ein Zeichen für Stress. „Wir hatten eine Bärin, deren Herzfrequenz um ungefähr das Vierfache zunahm, von 41 Schlägen pro Minute auf 162“, sagt Wildbiologe Mark Ditmer (University of Minnesota in St. Paul).

Auch wenn dies ein Extremfall gewesen sei, zeige das Ergebnis deutlich, dass der zunehmende Einsatz kleiner, unbemannter Fluggeräte für die Wildbeobachtung die Tiere weit stärker beeinträchtigen kann als angenommen, warnen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“.

Das Team um Ditmer hatte vier Amerikanische Schwarzbären (Ursus americanus) im Nordwesten Minnesotas untersucht, die jeweils mit einem GPS-Sender am Halsband sowie einem Herzschlagmesser – einem Biologger – ausgestattet waren. In 18 Flügen wurde ein Quadrocopter zu dem Tier gesteuert und kreiste 20 Meter hoch für etwa fünf Minuten in seiner Nähe.

Nur bei zwei Flügen zeigten Bären merkliche Verhaltensänderungen. Bei allen vier Bären aber gab es starke physiologische Reaktionen auf das „Ufo“: Ihr Herzschlag beschleunigte sich und verlangsamte sich nach dem ersten Schrecken aber auch rasch wieder. Dies galt vor allem für die zwei Bärinnen, die Jungtiere um sich hatten.

Den zusätzlichen Stress für Tiere gelte es nun beim Einsatz von Quadrocoptern und anderen kleinen, unbemannten Flugobjekten für die Wildtierforschung und -überwachung künftig mitzubedenken, betonen die Forscher. Auch an Regeln für die rasant zunehmende private Nutzung müsse gedacht werden. Die US-Nationalparkverwaltung hatte die Nutzung von Drohnen und ähnlichen Geräten 2014 untersagt, nachdem ein niedrig fliegendes Objekt im Zion-Nationalpark eine Herde von Dickhornschafen (Ovis canadensis) auseinandergetrieben hatte, wobei mehrere Lämmer von ihren Müttern getrennt wurden.

„Solche Geräte haben enormes Potenzial für Forschung und Artenschutz“, sagt Ditmer. „Bis wir wissen, welche Arten diese Flugobjekte tolerieren, ab welcher Distanz Tiere darauf reagieren und ob sich Individuen an ihre Präsenz gewöhnen oder nicht, müssen wir bei ihrer Verwendung Vorsicht walten lassen.“

In einem Folgeversuch prüfen die Forscher, ob sich in Gefangenschaft lebende Bären an Quadrocopter-Überflüge gewöhnen – und wie lange dies dauert. Der Lebensraum der Schwarzbären überschneidet sich zum Teil mit dem des Grizzlybären. Er besiedelt Wälder und Grasland in Kanada, den USA und Nordmexiko. Zur Nahrung zählen vor allem Früchte, Beeren, Nüsse, Gräser und Wurzeln, aber auch Insekten, kleine Säuger oder Aas und Abfall.

In Deutschland stehe die Verwendung von Drohnen in der Wildtierforschung noch am Anfang, sagte Christian Trothe vom Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden. Genutzt würden die Geräte für Bestandsschätzungen bei Vogelkolonien oder in schwer oder nicht zugänglichen Gebieten. Sein Institut arbeite mit der Universität Göttingen und der TU Dresden an einem Projekt zur Beobachtung von Rothirschen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern.

Beim Flug einer Drohne über ihre Kolonien hätten Möwen keine Fluchtreaktionen gezeigt, aber ein in einem Rapsfeld liegender Rothirsch habe nicht reagiert. Kormorane einer Brutkolonie hingegen seien beim Nahen eines Fluggeräts sofort geflüchtet.