Bossou/Guinea. Forscher berichten, dass die Affen in Guinea bis zu drei Liter vergorenen Palmsaft konsumieren. Sie benutzen Blätter als Löffel

Wilde Schimpansen trinken gerne alkoholische Getränke – mitunter literweise. Ein internationales Forscherteam berichtet, dass die Affen im Südosten von Guinea bis zu drei Liter vergorenen Palmsaft konsumieren und dabei Blätter als Löffelersatz nutzen. Auf Videos erkannten die Forscher um Kimberley Hockings vom anthropologischen Forschungszentrum CRIA-FCSH/UNL in Lissabon, dass die Schimpansen anschließend Zeichen eines Rauschs zeigten oder sich schlafen legten. Das schreiben sie im Fachjournal „Royal Society Open Science“.

Dass Affen in Gefangenschaft Alkohol konsumieren, ist dokumentiert. Hockings und Kollegen verweisen auch auf Beobachtungen auf der Karibikinsel St. Kitts, wo eingeschleppte westliche Grünmeerkatzen (Chlorocebus sabaeus) sich Cocktails von Touristen schnappen. Doch über Alkoholkonsum wilder Affen gebe es bislang kaum Daten, heben die Wissenschaftler hervor. Allerdings deuten genetische Studien darauf hin, dass eine entscheidende Erbgutmutation schon bei gemeinsamen Vorfahren von Menschen und afrikanischen Affen auftrat: Diese Veränderung habe es dem Körper ermöglicht, Alkohol um das 40-Fache besser zu verwerten.

Von 1995 bis 2012 sammelten Hockings und ihr Team Daten im äußersten Südosten von Guinea mit Beobachtungskameras. Dabei profitierten sie von einer Gewohnheit der Bewohner des Ortes Bossou nahe der Grenze zu Liberia und Elfenbeinküste: Die Menschen ritzen die Raphiapalme (Raphia hookeri) in der Baumkrone an und sammeln deren Saft in Kunststoffbehältern. Durch Fermentation gärt der Palmsaft und erreicht bis zu 6,9 Volumenprozent Alkohol. Im Durchschnitt sind es etwa 3,1 Prozent. Die Bewohner von Bossou trinken den alkoholischen Saft ohne weitere Verarbeitung – sofern sich nicht vorher Schimpansen daran vergreifen. In der Regel laufen deren „Gelage“ so ab: Ein Schimpanse klettert tagsüber zu dem Kunststoffbehälter im Baum. Er faltet und zerknittert im Mund ein Palmblatt, um es als eine Art Löffelschwamm zu benutzen. Dieses Werkzeug steckt der Schimpanse in die schmale Öffnung des Behälters, zieht es vollgesogen heraus und drückt es dann im Mund zwischen Zunge und Gaumen aus.

Im Durchschnitt macht er das fast zehn mal pro Minute, bei zehn Millilitern pro „Löffel“. Die Forscher berechnen, dass die Affen durchschnittlich etwa einen Liter „Palmwein“ trinken, manche auch erheblich mehr. Oft tranken auch mehrere Affen gemeinsam oder nacheinander aus dem Behälter.

„Schimpansen konsumieren vergorenen Palmsaft in Bossou selten, aber gewohnheitsmäßig“, schreiben sie, wobei sich beide Geschlechter und sämtliche Altersgruppen beteiligt hätten. Insgesamt blieb aber die Hälfte der 26 ausgewachsenen Tiere abstinent. Schimpansen könnten zwar durch vergorene Früchte manchmal zufällig Alkohol verzehren, schreiben die Forscher. „In jenen Fällen, die wir dokumentiert haben, tranken Schimpansen den fermentierten Raphiasaft, und deshalb war der Alkoholkonsum kein Nebeneffekt ihrer auf Früchten basierenden Ernährung.” Die Forscher hoffen auf Daten von Bonobos und Gorillas, um genauer bestimmen zu können, ob Menschen den Alkoholgenuss auch mit anderen engen Verwandten im Tierreich teilen.