Berlin. Das Deutsche Rote Kreuz rechnet langfristig mit einem erhöhten Bedarf, während das Aufkommen schon jetzt sinkt.

Wenn Andreas Kramer den Blutspende-Bus des Deutschen Rotes Kreuzes (DRK) sieht, berührt ihn das, immer wieder: „Jahrelang habe ich dort in meinen Mittagspausen Blut gespendet. Seit einer Krankheit vor drei Jahren geht das leider nicht mehr“, bedauert der Bankangestellte. „Nach 50 Spenden stand ich plötzlich als Empfänger auf der anderen Seite“, erzählt der 49-jährige Berliner. Eine Plasmaspende habe ihm geholfen, wieder gesund zu werden. Seit er selbst nicht mehr dürfe, werbe er unter seinen Kollegen umso mehr für Blutspenden.

Auch das DRK versucht, gerade rund um den Weltblutspendertag am 14. Juni, mit vielen Aktionen neue Spender zu mobilisieren – mit der aktuellen Kampagne „Mut-Spende“ gemeinsam mit Fußballprofis der Bundesliga zum Beispiel.

Derzeit spenden hierzulande nur wenige Menschen Blut: „33 Prozent könnten, aber im Schnitt tun es nur drei Prozent“, sagt Kerstin Schweiger, Sprecherin des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost. Noch könne der Bedarf an Blutkonserven gedeckt werden. Doch der demografische Wandel sorge in den kommenden Jahrzehnten für einen höheren Bedarf. „Da die Menschen immer älter werden, wird auch immer mehr Blut für die medizinische Versorgung benötigt“, sagt Schweiger.

Ältere Menschen können nicht unbegrenzt spenden. Nach dem 72. Geburtstag ist Schluss. „Und bei den jungen Leuten spüren wir jetzt den Geburtenknick vom Beginn der 1990er Jahre. Es gibt deutlich weniger 18-Jährige als noch vor zwei, drei Jahren“, sagt Schweiger. Die Masse an Nichtspendern unter den 18- bis 72-Jährigen sei daher ein Puffer, der mobilisiert werden müsse.

Derzeit ist die Nachfrage noch leicht rückläufig

Schweiger sieht in der demografischen Entwicklung die Hauptursache für den Spenderrückgang. Saisonal rückläufig sei das Aufkommen zudem meist im Sommer und rund um Weihnachten. Komplett ausgegangen seien die Konserven, die vor allem für Krebspatienten, Unfallopfer, Organtransplantierte, aber auch Ungeborene im Mutterleib gebraucht werden, aber noch nie.

Zwar hat sich zuletzt bundesweit die Nachfrage von Kliniken nach Spenderblut verringert, weil viele Kliniken mittlerweile durch sogenannte Patient Blood Management Programme effizienter mit Blutprodukten umgehen. Diese Entwicklung betrifft auch Hamburg. Um drei bis fünf Prozent seien die Anforderungen aus den Kliniken zuletzt zurückgegangen, sagt Schweiger. Von der rückläufigen Nachfrage ist nach eigenen Angaben auch der Blutspendedienst Hamburg betroffen.

Doch trotz der zuletzt geringeren Nachfrage dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass weniger Blut gespendet werden müsse, sagt Kerstin Schweiger. Es lasse sich nicht einschätzen, ob dieser Trend noch länger anhalte. „Wir müssen unbedingt Engpässe vermeiden.“

Die Blutspendedienste des DRK decken einen Großteil des Bedarfs in Deutschland ab. Der übrige Teil wird durch Kliniken und private Anbieter wie Haema und den Blutspendedienst Hamburg gesammelt. 2014 kamen allein beim DRK 3,7 Millionen Vollblutspenden zusammen – von rund 4,3 Millionen Spenden deutschlandweit. 2011 waren es laut Paul-Ehrlich-Institut noch etwa 4,9 Millionen.

Den typischen Dauerspender gebe es beim DRK nicht, sagt Schweiger: „Die Spender kommen aus allen Altersgruppen und allen sozialen Schichten.“ Was viele antreibe, seien Erfahrungen als Empfänger oder auch ein Bezug zu Menschen, die auf Spenden angewiesen seien. Zu letzteren gehört auch der Berliner Andreas Schlegel. „Der ehemalige Partner meiner Lebensgefährtin ist vor fünf Jahren an Krebs gestorben. Während der Therapie war er auf Blutspenden angewiesen“, erzählt der 54-Jährige. Seither kämen er und seine Lebensgefährtin wieder regelmäßig zum Spenden.

Die Blutspende ist unentgeltlich, zum Teil wird der Aufwand entschädigt

Dass es für den etwa 40 Minuten dauernden Termin keine finanzielle Entschädigung gibt, stört Schlegel nicht. „Es tut nicht weh und ist ja etwas Gutes. Das Geld ist mir dabei egal“, sagt er. Für andere Spender wie etwa die aus Cottbus stammende Arzthelferin Ramona Böhm spielt der finanzielle Aspekt schon eher eine Rolle. Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten und niedriger Löhne sei ihr Geld als Entschädigung lieber als ein Buffet, wie es bei den DRK-Blutspendediensten angeboten wird. Sie bevorzuge deshalb die Haema AG, die sich selbst als größten privaten Anbieter bezeichnet.

„Die Spende von Blut, Blutplasma oder anderen Blutbestandteilen ist in Deutschland grundsätzlich freiwillig und unentgeltlich, auch bei der Haema“, sagt Sprecher Jan Noack. Der Dienst nutze aber die gesetzlich geregelte Möglichkeit, eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Für eine Vollblutspende gebe es 20 Euro. Mit Geld könne jeder selbst entscheiden, was er tue, betont Noack. „Im Gegensatz zum DRK gehen wir damit offen ‎um, dass wir ein Pharmaunternehmen sind und ein Fertigarzneimittel herstellen. Für das Produkt gibt es ‎einen Markt und auch einen Preis.“