Palma de Mallorca. Dieses Verhalten verbessert Überlebenschancen und beeinflusst Fangergebnisse

Rückläufige Fangzahlen müssen nicht immer auf schrumpfende Fischbestände zurückgehen. Ein anderer möglicher Grund sei, dass sich über Generationen diejenigen Fische erfolgreicher vermehren, die einen größeren Hang zur Vorsicht in den Genen tragen, schließen Forscher nach Versuchen mit Angelködern vor Unterwasserkameras. Dies gelte vor allem in intensiv befischten Fanggründen, berichtet das Team im Fachblatt „Canadian Journal of ­Fisheries and Aquatic Sciences“.

„Die von uns gesammelten Daten lassen vermuten, dass in stark befischten Gebieten die Fangraten einiger Fische stark zurückgehen können, ohne dass die Bestände proportional sinken“, sagte der Erstautor der Studie, Josep Alós vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Nach Aussage des Studienleiters Prof. Robert Arlinghaus vom IGB könnte dies für die sogenannte Langleinenfischerei bedeutsam sein, mit der Fischer unter anderem Thunfische, Dorsche oder Schwertfische fangen.

Auch dabei könnten sich womöglich diejenigen Tiere langfristig stärker vermehren, die die Haken eher meiden. Die gängigen Methoden zur Bestandserhebung anhand von Fangergebnissen gehörten auf den Prüfstand, die möglichen Verhaltensänderungen sollten in Schlussfolgerungen mit einbezogen werden. Arlinghaus: „Vielleicht beherbergen befischte Gebiete mehr Fische, als wir manchmal glauben.“

Für die Studie wurden die Bestände zweier kleiner Fischarten vor Mallorcas Küste über mehrere Jahre hinweg untersucht. Gewählt wurden 54 Testgebiete, die vergleichbare Lebensräume aufwiesen, aber unterschiedlich stark von Anglern genutzt wurden. Mit Unterwasser-Videoaufnahmen ermittelten die Wissenschaftler, wie der Schriftbarsch (ein kleiner Raubfisch) und die Ringelbrasse (ein Allesfresser) auf mit Ködern bestückte Angelhaken reagieren. Maßgeblich war dabei das Erscheinen des Fisches im Kameraausschnitt bis zum Biss an einem von fünf Ködern. Gleichzeitig ermittelten die Forscher die Häufigkeit der Fische.

Während Schriftbarsche in Meeresschutzgebieten ohne Druck von Anglern aggressiv die Köder attackierten, taten sie das in den befischten Gebieten kaum mehr. Die Ringelbrasse dagegen war in allen Gebieten vergleichbar schlecht zu fangen.

Ein möglicher Grund sei, dass die aggressivsten Jäger unter den Schriftbarschen mit der Zeit aus dem Bestand ausselektiert wurden, erläutern die Forscher. Die Vorsichtigen überlebten eher und konnten ihre Eigenschaften über ihr Erbgut an mehr Nachwuchs weitergeben. Eine zweite Hypothese, dass die Fische direkt lernen, dass bestimmte Köder gefährlich sind, gilt als weniger plausibel. Denn dann hätte auch die Ringelbrasse eine Reaktion auf Beangelung zeigen müssen.