Deutsche Forscher entwickeln eine Methode, um auf einem Saturnmond Wasserproben zu nehmen. Das Projekt ist auf Jahrzehnte angelegt

Köln/Aachen. Wer Spuren sucht, darf nicht selbst welche legen. Das wissen Kriminalisten, die daher Overalls und Handschuhe überstreifen. Das gilt aber genauso für Forscher, die im Wasser unter dem Eispanzer eines Saturnmonds nach Spuren von Leben suchen wollen. Auch sie müssen penibel darauf achten, dass sie nicht selbst Stoffe von der Erde oder aus Meteoriten in das Wasser einbringen, das sie analysieren sollen. Bei all dem hilft ein heißer Maulwurf: Der „IceMole“ (Eis-Maulwurf) wurde von einem deutschen Forscherteam entwickelt.

Und er hat Ende vergangenen Jahres einen Praxistest bestanden. In der Antarktis schmolz er sich durch einen Gletscher und nahm eine Probe aus dem darunterliegenden Wasser. Beteiligt sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, die Fachhochschule Aachen, die Technische Universität Braunschweig, die Universität Bremen, die Universität der Bundeswehr München und die Universität Wuppertal. Dass so viele Fachleute zusammenarbeiten, hat einen einfachen Grund: Normalerweise würden bei Raumfahrtmissionen Technologien eingesetzt, die schon verfügbar sind, sagt Oliver Funke vom DLR. Diesmal ist es umgekehrt: „Welche Technologien benötigen wir, um eine solche Mission anzudenken?“

Zunächst einmal braucht es einen Bohrer, der gar keiner ist. Es wird kein Material herausgefräst, sondern der Maulwurf verflüssigt das Eis und kommt so voran. Was aber, wenn im Eis Gestein eingeschlossen wäre oder wenn er auf Hohlräume träfe und sich verkanten würde? Solche Hindernisse muss er erkennen können. Hier kam der Elementarteilchenspezialist Christopher Wiebusch von der RWTH ins Spiel. „Da Gletschereis sehr milchig ist, war die Idee, es mit akustischen Sensoren zu versuchen.“ Genau damit kennt er sich aus, denn für seine Neutrino-Forschung hatte er bereits mit Schallsignalen im Eis gearbeitet. So entstand das Navigationssystem, mit dem mitten im Eis sowohl der Maulwurf, als auch Hindernisse geortet werden. Das hat in der Antarktis funktioniert. Aber davon, den Maulwurf nun in Richtung Enceladus – einer der Saturnmonde – loszuschicken, ist man noch weit entfernt. Da ist zunächst die Frage, ob das Eis dort dem auf der Erde ähnlich genug ist, damit die akustische Ortung klappt. Daten der Nasa-Mission Cassini-Huygens helfen bei der Antwort, dazu Laborversuche. Und der Plan, ein lernendes System zu entwickeln: „Wir wollen akustische Einheiten bauen, die über eine eigene Intelligenz verfügen und sich gegenseitig ständig abgleichen“, sagt Wiebusch.

Und dann ist da ja noch das Problem mit den Spuren. Das Eis, das der Maulwurf wegschmilzt, darf nicht in die Wasserprobe geraten. In der Antarktis wurde es abgepumpt. Auf dem Enceladus sorgt die fehlende Atmosphäre dafür, dass es verdampft, zumindest auf den ersten Metern. Sicherheitshalber soll sich die Sonde kurz vor dem Wasserreservoir selbst dekontaminieren.

Weil der Maulwurf wie durch eine Nabelschnur von der Mondoberfläche mit Strom versorgt werden muss, kommt er nur l 100 Meter weit. Die Forscher denken deshalb daran, nicht in die Tiefe zu reisen, sondern einen Kryovulkan, dessen Wände aus Eis bestehen, von der Seite anzustechen – in der Hoffnung, im Inneren auf Wasser zu stoßen. All das ist langfristig angedacht, sagt Funke: „Bis wir zu einer solchen Mission kommen, werden wir sicher das Jahr 2040 schreiben.“ Die Technologien, die die Forscher entwickeln, bringen aber auch vorher schon Nutzen. „Terrestrischen Spin-off“ nennt Funke das. Ein Beispiel: Der Maulwurf könnte auch auf der Erde Meteoriten im Gletschereis orten, sich zu ihnen durchschmelzen und sie für die Analyse bergen.