List/Sylt. Weibliche Stichlinge können ihrem Nachwuchs Informationen über ihre Lebensbedingungen mitgeben, ohne dass diese in den Genen verankert sind. Das zeigt eine Studie von Forschern der Sylter Wattenmeerstation vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI). Sie hatten Dreistachlige Stichlinge untersucht, die in der Nordsee leben. Die neu entdeckte Fähigkeit könnte den Fischen helfen, sich an den Klimawandel anzupassen, berichten die AWI-Biologen Dr. Lisa Shama und Dr. Mathias Wegner.

Sie hatten sich die Stichlinge aus dem Sylter Wattenmeer gefischt, um zu erforschen, wie die Tiere mit veränderten Wassertemperaturen umgehen können. Im Labor hielten die Forscher eine Stichlingsgruppe bei 17, die andere bei 21 Grad. Nach zwei Monaten wurden die Fische untereinander und zwischen den Gruppen verpaart. Dabei hatten die Biologen leichtes Spiel: Die Fische vermehren sich von Natur aus extern, Eier und Spermien treffen erst im Wasser aufeinander.

Die Nachkommen schwammen wiederum in 17 oder 21 Grad warmem Wasser. Nach 30 Tagen waren diejenigen Jungfische am besten gewachsen, die mit derselben Temperatur lebten wie ihre Mütter. Als Informationsweg erkannten die Biologen die Mitochondrien, die „Kraftwerke“ der Zellen. Sie sind auch in Eizellen vorhanden, damit sich der Embryo entwickeln kann.

Die Weitergabe von Umgebungsinformationen ohne genetischen „Umweg“ könnte den Stichlingen sehr nützlich werden, betont das AWI: In ihrem Lebensraum, der Nordsee, könnten die sommerlichen Mitteltemperaturen bis Ende 2100 um bis zu vier Grad ansteigen, sagen Klimamodelle vorher.