Hamburg. Jährlich werden 230 Millionen Tagesdosen an Benzodiazepinen von den gesetzlichen Krankenversicherungen abgerechnet. Ungefähr die gleiche Menge wird zusätzlich über Privatrezepte verordnet. Benzodiazepine sind wichtig Wirkstoffe, die in der Notfallmedizin, in der Anästhesie oder bei psychiatrischen Notfällen kaum wegzudenken sind. Verbreiteter sind sie jedoch als Schlaf- und Beruhigungsmittel, wie zum Beispiel in Form des klassischen Valiums. In einer Studie, die jetzt im Deutschen Ärzteblatt veröffentlich wurde, rechnen die Autoren hoch, dass in Deutschland bis zu zwei Prozent der Menschen von Benzodiazepinen oder deren Derivaten abhängig sind.

Unter Berücksichtigung von patienten- und verordnungsbezogenen Parametern ermittelten sie einen Patientenanteil mit sehr problematischer Einnahme von 2,8 Prozent und mit problematischer Einnahme von sogar 17,5 Prozent der Anwender.

Die Benzodiazepine haben zwar eine gute Wirksamkeit, aber auch bekanntermaßen ein hohes Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisiko. Die Arzneimittelrichtlinie gibt so in der Regel einen Einnahmezeitraum von bis zu vier Wochen an. Die tatsächlich verkauften Tabletten deuten jedoch häufig auf einen andauernden Verbrauch hin, so die Studie. Muss ein Benzodiazepine-Abhängiger entwöhnt werden, ist ein langwieriger Entzug notwendig. Bei ausgeprägter Medikamentenabhängigkeit muss sogar eine stationäre Behandlung durchgeführt werden, wie die Autoren zeigen. Sie betonen, dass Ärzte unsachgemäße Langzeitverordnung vermeiden sollen und über die Prävention und Behandlung von Arzneimittelabhängigkeit intensiver fortgebildet werden müssten.