Nasa testet heute die Raumkapsel „Orion“. Sie könnte frühestens 2021 sechs Astronauten ins All transportieren. 22 Milliarden Dollar verschlingt das Mars-Projekt. Die Kosten laufen aus dem Ruder.

Cape Canaveral. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hofft vor dem ersten Testflug ihres Transporters „Orion“ ins All auf gutes Wetter. Bis zuletzt lag die Chance für einen Start der Rakete vom Typ Delta IV an diesem Donnerstag nach Meteorologenangaben bei 60 Prozent. Die Möglichkeit vereinzelter Schauer und Windböen sorgte für Ungewissheit. „Orion“ soll um 13.05 Uhr unserer Zeit abheben. Technisch stand dem Flug zuletzt nichts mehr im Wege.

In der neuen Raumkapsel sollen in Zukunft einmal Menschen zum Mars fliegen können. An diesem Donnerstag geht es aber zunächst darum, den Transporter in die Höhe zu bringen. Bei dem unbemannten Flug soll er zweimal die Erde umkreisen. Nach rund viereinhalb Stunden soll „Orion“ wieder im Pazifik landen. Dafür muss er mit einem Tempo von fast 32.000 Kilometern pro Stunde bei rund 2200 Grad Celsius wieder in die Atmosphäre eindringen.

Die vergangenen Jahre waren nicht leicht für die stolze US-Raumfahrtbehörde Nasa, die einst die Menschheit zum Mond brachte. Seit dem Einmotten der Spaceshuttles im Sommer 2011 sind US-Astronauten auf russische Hilfe angewiesen, wenn sie ins Weltall fliegen wollen. Jetzt soll die Raumkapsel „Orion“ der US-Raumfahrt zu neuem Glanz verhelfen und Menschen eines Tages zum Mars befördern.

Eine Rakete vom Typ Delta IV soll die unbemannte „Orion“-Kapsel vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida aus zu dem Testflug ins All bringen. Das Raumfahrzeug soll bei der Umrundung eine Höhe von 5800 Kilometern erreichen. Das ist 15-mal so hoch wie die Umlaufbahn, auf der die Internationale Raumstation ISS um die Erde kreist. Die Wasserlandung ist 1000 Kilometer südwestlich der kalifornischen Küste im Pazifik geplant.

Ursprünglich war die „Orion“-Kapsel Teil des Constellation-Programms, das US-Präsident George W. Bush nach der Explosion des Spaceshuttles „Columbia“ 2003 ins Leben rief und das sein Nachfolger Barack Obama dann 2010 zusammenstrich. Das Design der Kapsel konnte die Nasa aber retten, nicht zuletzt weil für die Entwicklung bereits 4,7 Milliarden Dollar ausgegeben worden waren. Zugleich formulierte die Raumfahrtbehörde das ehrgeizige Ziel, Menschen auf einem Asteroiden und auf dem Mars abzusetzen.

Der Orion-Testflug sei „zweifellos das größte Projekt der Nasa in diesem Jahr“, sagt der Nasa-Manager William Hill. Erstmals seit den Mondmissionen vor vier Jahrzehnten würden die Vereinigten Staaten wieder ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen, Menschen über die erdnahen Umlaufbahnen hinaus ins All zu befördern. „Das ist der erste Schritt unserer Reise zum Mars“, sagt Hill. Der erste bemannte Flug der 8,6 Tonnen schweren Kapsel, die bis zu sechs Astronauten transportieren soll, ist aber nicht vor 2021 geplant.

Beim jetzigen Flug will die Nasa unter anderem den Hitzeschild von „Orion“ überprüfen. Auch die Trennung der Kapsel von der Rakete beim Start sowie die Landung per Fallschirm im Ozean sollen erstmals geprüft werden. Mit Spannung erwarten die Nasa-Ingenieure zudem Messungen, wie hoch die Strahlenbelastung in der Kapsel ist.

Die Kritiker des „Orion“-Programms, zu dem auch die Entwicklung des Raketensystems SLS gehört, bemängeln zu hohe Kosten und vage Ziele. Ging die Nasa 2011 noch von 18 Milliarden Dollar aus, liegen die jüngsten Schätzungen bei bis zu 22 Milliarden Dollar. Das sei viel Geld dafür, dass die Nasa noch keine konkreten Pläne für Missionen zu Asteroiden oder zum Mars vorgelegt habe, beklagt Raumfahrtexperte Marco Caceres von der Beratungsfirma Teal Group. Die erste Belastungsprobe für die „Orion“-Kapsel ist für die US-Raumfahrt dennoch von großer Bedeutung. Während die Nasa bei den Flügen zur ISS auf die Zusammenarbeit mit kommerziellen Anbietern wie SpaceX setzt, testet die US-Raumfahrtbehörde nun nach Jahren ein eigenes Projekt. Einen Misserfolg kann sie sich nicht leisten, nachdem die private Raumfahrt zuletzt einen Rückschlag hinnehmen musste. Im Oktober waren binnen einer Woche eine Trägerrakete der Firma Orbital Sciences und das Raumflugzeug „SpaceShipTwo“ von Virgin Galactic explodiert.