Oldenburger Biologe will mit Studenten neue Sorte züchten

Oldenburg. Die Norddeutschen lieben Grünkohl. Schön deftig mit Wurst, Speck oder Kassler kommt er im Winter auf den Teller. In Süddeutschland kann man darüber nur den Kopf schütteln. Das grüne Gemüse fristet dort ein Nischendasein. Grünkohl ist eben eine Wissenschaft für sich. In Oldenburg nehmen ihn Biologen deshalb genau unter die Lupe.

Dirk Albach inspiziert ein Beet im Botanischen Garten der Oldenburger Universität in Niedersachsen. Rund 40 Sorten Grünkohl wachsen hier: saftig grüne, blasse, rote, weiß blühende – einige wirken recht mickrig. Bis zu drei Meter hoch kann Grünkohl werden. Doch auf Masse kommt es dem Wissenschaftler nicht an. Ihn interessieren die Inhaltsstoffe des grünen Gemüses, das unter den Kohlsorten quasi der Superstar ist. Grünkohl enthält besonders viel Vitamin C und dazu etliche Stoffe, die Krebs hemmen oder den Cholesterinspiegel senken können.

Die Nebenwirkungen des gesunden Powercocktails: Mancher Grünkohl schmeckt bitter. Albach rupft ein Blatt von einer Pflanze ab, steckt es in den Mund und kaut langsam darauf herum. „Kaum bitter“, urteilt er. „Das ist italienischer Grünkohl, der hat die wenigsten Bitterstoffe.“ Leider aber auch weniger gesunde Anteile. „Es gibt nicht den Grünkohl, der alles kann“, erläutert der Biologe. Doch das soll sich ändern. In den nächsten Jahren will er mit seinen Studenten eine neue Grünkohlsorte züchten, die mildes Aroma mit viel Nährstoffen verbindet.

Ob die Norddeutschen das zu schätzen wissen? „Wenn man Grünkohl eine Stunde kocht, schmecken alle Sorten gleich – und die guten Inhaltsstoffe sind weg“, gibt Albach zu. Dass im „kale“ – so der englische Name – mehr kulinarische Möglichkeiten stecken, haben die Amerikaner schon erkannt. Restaurants bieten ihn als Salat, mit Pasta oder auf Brot an. Rohkostliebhaber mixen die Blätter in Smoothies. First Lady Michelle Obama schwört auf Grünkohlchips als gesunde Knabberalternative, wie sie in der „Tonight“-Show sagte.

In Deutschland ist der Grünkohl alles andere als ein Trendgemüse. Bundesweit wächst er nach Angaben des Bauernverbandes nur auf 1000 Hektar, der Großteil davon in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Zum Vergleich: Möhren kommen auf die zehnfache Anbaufläche. Vor allem im Süden hat der Grünkohl es schwer. Nur wenige Bauern pflanzen ihn an. Auch auf den Speisekarten der Restaurants ist er kaum zu finden.