Der Erreger H5N8 ist erstmals in Deutschland aufgetreten. Über den genauen Übertragungsweg des Virus aus Asien wird noch spekuliert

Hamburg/Oldenburg. Ein hochansteckender Vogelgrippe-Erreger vom Typ H5N8 hat Tierbestände in Mecklenburg-Vorpommern, den Niederlanden und England befallen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem aus Asien stammenden Virus.

Was ist die Vogelgrippe genau?

Das Wort „Vogelgrippe“ (aviäre Influenza) bezeichnet laut Robert-Koch-Institut eine Erkrankung durch Influenza A-Viren bei Vögeln. Vogel-Influenzaviren werden in sogenannte niedrigpathogene („wenig krankmachende“) und hochpathogene („sehr stark krankmachende“) Influenzaviren unterteilt. Hochpathogene aviäre Influenza-A-Viren der Subtypen H5 und H7 können bei Nutzgeflügel, zum Beispiel Hühnern, zu schweren Schäden an den Tierbeständen führen, weil ein Großteil des infizierten Geflügels verendet. Daher kommt auch der Begriff „Geflügelpest“, die also eine besonders schwere Form der Vogelgrippe meint. In der Umgangssprache werden die Begriffe Geflügelpest und Vogelgrippe jedoch häufig synonym verwendet.

Woran erkennt man kranke Tiere?

Kranke Hühner leiden laut Friedrich-Loeffler-Institut unter anderem an Teilnahms- und Appetitlosigkeit, an Durchfall, an einer geringeren Legeleistung und Störungen des zentralen Nervensystems, was sich an einer unnormalen Kopfhaltung und Gleichgewichtsstörungen zeigt. Tierhalter sollten auf solche Symptome achten und im Zweifel den Tierarzt verständigen.

Wie wird das Virus übertragen?

Die natürlichen Wirte des Erregers sind wilde Wasservögel. Dementsprechend gelten in Deutschland für Hausgeflügel, die im Freien gehalten werden, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen: Wildgeflügel darf nicht an die Futter- und Wasserstellen der Tiere gelangen. Das Virus kann auch über den Kot ausgeschieden und an andere Tiere weitergegeben werden, sagt der Professor für molekulare Virologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Georg Herrler.

Wie kam das Virus nach Europa?

Wildvögel könnten den Erreger eingeschleppt haben, sagte der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, Thomas Mettenleiter. Die Betriebe lägen auf Zugrouten von Wildgänsen. Einige Tierärzte bezweifeln diesen Übertragungsweg und führen an, dass etwa Bruteier und Eintagsküken um ein Vielfaches häufiger um die Welt reisten als Zugvögel und auch einen weitaus besseren Zugang zu Ställen hätten.

Welche Vorsichtsmaßnahmen können getroffen werden?

Um die Ansteckung eines Tierbestandes zu vermeiden, sind Hygienemaßnahmen vorgeschrieben. Dazu gehören Schleusen, Desinfektionsmatten und Schutzkleidung für Besucher, schreibt das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves). Außerdem muss ein Besucherbuch geführt werden und eines über Lieferungen in und aus dem Bestand. Diese Vorkehrungen gelten auch für Hobbygeflügelhalter.

Erwägt Niedersachsen eine Stallpflicht für Geflügel?

Trotz des Ausbruchs in den Niederlanden wird es vorerst keine Stallpflicht für niedersächsisches Geflügel geben, sagte am Dienstag ein Sprecher des Agrarministeriums in Hannover. Er betonte, man beobachte die Entwicklung sehr genau und mache entsprechende Vorschriften von der Lage abhängig. So lange sei es eine Entscheidung der Landkreise, zu prüfen, ob die Stallpflicht in Einzelfällen notwendig sei.

Wie gehen andere, bisher nicht betroffene Länder vor?

Wegen der Vogelgrippe-Fälle in den drei europäischen Ländern werden in Schweden alle Geflügelbestände in die Ställe geholt. Das Landwirtschaftsministerium erklärte am Dienstag, als Vorsichtsmaßnahme dürften sich die Tiere nur noch drinnen aufhalten.

Ist der Erreger auch für Menschen gefährlich?

Das Friedrich-Loeffler-Institut schließt eine Übertragung auf den Menschen nicht grundsätzlich aus; bisher ist eine Ansteckung von Menschen mit H5N8 aber noch nicht beobachtet worden. Der Virologe Bernhard Fleischer vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg stellt fest, bislang sei der Mensch eine Art Sackgasse für das Vogelgrippevirus. „Es scheint dem Virus sehr schwer zu fallen, sich so zu verändern, sodass es von Mensch zu Mensch weitergegeben wird.“ Jedoch könnte nicht ausgeschlossen werden, dass es ihm irgendwann gelingen wird. Je mehr Menschen sich infizierten, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit.

Welche Fälle von Vogelgrippe sind bisher bei Menschen aufgetreten?

Bisher kam es zu mehr als 600 Erkrankungen durch H5N1-Viren, mehr als die Hälfte der erkrankten Menschen starb. Betroffene Länder sind unter anderem Ägypten, Aserbaidschan, Bangladesh, China, Thailand und die Türkei. Aktuell ist im Süden Ägyptens eine Frau an Vogelgrippe gestorben. Es handele sich um das zweite Opfer des Virus H5N1 in diesem Jahr, teilten die Gesundheitsbehörden der Stadt Assiut am Montag mit. Erstmals Anfang April 2013 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) über mehrere Vogelgrippe-Fälle aus China berichtet, die durch ein neues H7N9-Virus verursacht wurden. Mehr als 170 Menschen starben im vergangenen Jahr daran.

Ist es gefährlich, Fleisch und Eier zu essen?

Laut Laves ist der Verzehr von Geflügelfleisch und Eiern unbedenklich, wenn die Speisen gut gekocht und gründlich durchgegart sind. Das Virus wird bei einer Temperatur von 70 Grad Celsius abgetötet. „Jedes Kochen macht es kaputt“, sagt Herrler.

Wie reagiert der Handel auf den Befall der Bestände?

Der Discounter Aldi befürchtet Engpässe bei Eiern wegen des Ausbruchs der Vogelgrippe. Aufgrund einer dreitägigen Liefersperre für alle Geflügelprodukte aus den Niederlanden könnten Eier in Filialen knapp werden, teilte Aldi Süd am Dienstag mit. Die Unternehmensgruppe verhandelt nach eigenen Angaben mit Produzenten in anderen Ländern.