Astronaut Alexander Gerst über seine Erfahrungen im All – und eine mögliche Mission zum Mars

Köln. Wenn Alexander Gerst davon erzählt, was ihn nach 165 Tagen auf der Internationalen Raumstation ISS am meisten beeindruckt hat, dann spricht er zunächst einmal nicht von der Form der Milchstraße, die er zum ersten Mal richtig erkennen konnte, oder von den kristallklaren Umrissen des Mondes. Er spricht auch nicht vom Blick in die Tiefe während seines sechsstündigen Ausflugs in den freien Kosmos und den ungefähr 100 Experimenten, die er in knapp sechs Monaten ausgeführt hat, vom elektromagnetischen Levitator zum Beispiel, einem Schmelzofen, den er zusammenbaute und den er schließlich – als ein Bolzen klemmte – dank einer kreativen Lösung unter Zuhilfenahme von Rasierschaum zum Laufen brachte.

Nein, es ist etwas anderes, was den 38 Jahre alten Astronauten am stärksten beeindruckt hat: „Was man tatsächlich da oben nicht sieht, sind Grenzen“, berichtete er am Donnerstag in der ersten Pressekonferenz seit seiner Rückkehr auf die Erde. „Das ist das, was einen da oben am meisten erstaunt, weil man aus dem Atlas an Ländergrenzen gewöhnt ist.“ Diese Perspektive auf der Erde zu verbreiten, bezeichnet er als sein wichtigstes Anliegen. „Wenn man da oben auf der Raumstation schwebt und runterschaut auf den kleinen blauen Planeten, und wenn man dann sieht, wie viel Schwarz da herum ist, dann wirkt es grotesk, dass sich Menschen bekriegen oder Wälder abbrennen, die wir zum Überleben brauchen. Das ist meine Botschaft.“

Über Facebook und Twitter hat er versucht, möglichst viele Menschen an dieser Erfahrung teilhaben zu lassen. „Ich hab’ die Bilder geschickt, die mir selber gefallen haben, ich hab’ das aufgeschrieben, was mir durch den Kopf gegangen ist. Die Kommentare zu sehen auf Facebook, das war schön.“ Er hat fesselnde Bilder gemacht – vor allem von der Erde.

Gerst würde gern noch mal „raus“, das liegt einfach in der menschlichen Natur, meint er: Schon vor Jahrhunderten hätten die Entdecker immer weiter gewollt, immer noch über das nächste Meer. „Wo auch immer wir uns entscheiden hinzufliegen – das ist eine interessante Sache.“ Da klingt fast etwas vom „Star Trek“-Slogan durch: „to boldly go where no man has gone before“ (dorthin zu gehen, wo noch niemand gewesen ist). Gerst mag die Serie.

So kann er sich eine Reise zum weit entfernten Mars gut vorstellen: „Ich hätte nichts dagegen.“ Technisch sei eine solche Mission durchaus möglich. „Ich denke, dass wir soweit sind.“ Ein bemannter Flug zum roten Planeten sei weniger eine technische Frage als eine „Entscheidungsfrage“.

Aber erst einmal ist er froh, wieder auf der Erde zu sein. Er habe sich riesig darauf gefreut, sagt er. Nicht nur auf das Wiedersehen mit seiner Lebensgefährtin und seiner Familie, seinen Freunden, sondern auch auf ganz alltägliche Dinge wie Pizza, einen Apfel, einen Garten. Kurz nach seiner Landung in Kasachstan konnte er die Erde intensiv riechen, und sie roch sehr gut, fand er. Nach zehn Minuten aber war schon alles wieder vorbei – der Gewöhnungseffekt hatte sich eingestellt.

Das Weltall ist großartig, sagt Gerst. Aber am besten ist die Erde. „Und wir haben nur diese eine.“