Rhythmusstörungen bilden den Schwerpunkt der diesjährigen Informationswochen der Deutschen Herzstiftung

Das Herz rast, kalter Schweiß bricht aus, das Luftholen fällt schwer. „Vorhofflimmern kann diese Symptome auslösen. Es ist mit Abstand die häufigste Herzrhythmusstörung, sie ist bei 1,8 Millionen Menschen in Deutschland diagnostiziert. Vorhofflimmern ist also fast eine Volkskrankheit. Unbehandelt erhöht sie das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden oder an einer Herzschwäche zu erkranken“, sagt Prof. Thomas Meinertz, Präsident der Deutschen Herzstiftung. Unter dem Slogan „Aus dem Takt“ klärt die Stiftung mit mindestens 15 Veranstaltungen in Hamburg und gut 1200 Veranstaltungen bundesweit vom 1. bis zum 30. November über Herzrhythmusstörungen auf.

Vier bis sechs Liter Blut pumpt das Herz jede Minute durch den Körper, rund sieben Tonnen Blut pro Tag. Dafür zieht sich der Herzmuskel 60- bis 90-mal in jeder Minute zusammen und entspannt sich wieder. Der natürliche Schrittmacher des Herzens, der Sinusknoten, gibt den Takt vor, regt den Herzmuskel regelmäßig mit einem kleinen Stromstoß an. Ist dieser Sinusrhythmus gestört, sprechen die Ärzte von einer Herzrhythmusstörung.

Sie kann sehr verschiedene Formen haben. „Eine Herzrhythmusstörung beunruhigt die Menschen mehr als andere Krankheiten, sie löst Sorgen und Ängste aus. Das ist kein Wunder. Denn mit dem Herzen verbinden wir unser Leben, es spiegelt unsere Gefühlslage wider. Wie der Volksmund sagt: Mir schlägt das Herz bis zum Hals oder es bleibt mir vor Schreck stehen. Um Angst zu nehmen, sind vernünftige Informationen über diese Krankheit wichtig“, betont der erfahrene Kardiologe. Dazu will die Herzstiftung, die sich nur aus den Beiträgen und Spenden ihrer Mitglieder finanziert und keine Spenden aus Pharmaindustrie oder Medizintechnik duldet, mit den Herzwochen beitragen.

Herzrhythmusstörungen können etwas ganz Normales sein. Das Herz fast jedes Menschen schlägt irgendwann unregelmäßig. Ob dies harmlos oder lebensbedrohlich ist, kann nur ein Kardiologe entscheiden. Für Meinertz, der seinen Patienten den Puls fühlt und ihr Herz abhört, gehört das ausführliche Gespräch unbedingt zur Untersuchung. „Herzrhythmusstörungen sind, sofern sie nicht eine der seltenen genetischen Ursachen haben, keine eigene Erkrankung. Vielmehr treten sie meist als Folge von Herzkrankheiten wie Bluthochdruck, Erkrankungen des Herzmuskels oder der Herzkranzgefäße auf, die bislang nicht bemerkt wurden. Aber auch Diabetes, Schilddrüsenüberfunktion oder Übergewicht können diese Krankheit auslösen“, erläutert der Arzt, der im Klinikum Stephansplatz praktiziert.

In den vergangenen Jahren sei noch deutlicher geworden, dass eine Störung der Zusammensetzung der Blutsalze, der Elektrolyte, diese Krankheit begünstigt. Kalium und Magnesium sind wichtig, weil diese beiden Mineralien die Herzzellen elektrisch stabilisieren, also für eine reibungslose Kommunikation mit dem Taktgeber sorgen. Deshalb muss auch diese Ursache ausgeschlossen werden.

Sind im Ruhe-, Belastungs- und Langzeit-EKG keine Veränderungen der Herzaktivität zu beobachten, weil die Störungen nur ein- bis zweimal im Monat auftreten, helfen „Ereignisrekorder“ weiter. „Wir geben unseren Patienten, die ihre Herzrhythmusstörungen spüren, ein Gerät in der Größe von Chipkarten mit. Dieses drücken sie sich bei einem Anfall auf die Haut im Brustbereich. Das Gerät zeichnet von 30 Sekunden bis wenige Minuten alles auf, speichert die Daten und wandelt sie so um, dass sie sofort oder später per Telefon an uns geschickt werden können. Dann können wir am Computer sehen, was passiert ist“, schildert Prof. Meinertz durchaus begeistert den Einsatz dieser telemedizinischen Technik. Um Herzrhythmusstörungen auf die Spur zu kommen, die die Patienten nicht bemerken, können Ereignisdetektoren auch über dem Herzen in der Haut implantiert werden. Sie registrieren Anfälle dann automatisch.

„Früher haben wir viele Herzrhythmusstörungen für bedrohlich gehalten. Heute wissen wir, dass sie oftmals harmlos sind. Und wenn sie harmlos sind, müssen sie nicht behandelt, sondern bestenfalls beobachtet werden. Handeln muss man, wenn die Gefahr eines plötzlichen Herztods besteht, wenn Herzrhythmusstörungen – wie beim Vorhofflimmern – zum Schlaganfall führen können, wenn sie die körperliche Leistungsfähigkeit des Patienten verringern oder wenn sie den Patienten beispielsweise durch Schwindelanfälle, Herzrasen oder ausgeprägtes Unwohlsein belasten“, so Meinertz.

Große Fortschritte konnten bei der Behandlung von Patienten, die durch einen plötzlichen Herztod bedroht sind, erzielt werden. Ihnen helfen implantierte Defibrillatoren weiter, die ihr Herz im Rhythmus halten. Dem langsamen Herz hilft der Herzschrittmacher auf die Sprünge. Beim Vorhofflimmern verabreichen die Mediziner erfolgreich Medikamente, die die Herzfrequenz absenken und die Herzaktion rhythmischer ablaufen lassen. Arzneien, die die Blutgerinnung herabsetzen, sollen zudem die Gefahr eines Schlaganfalls bannen. Sie sollen verhindern, dass sich im Herzen Blutgerinnsel bilden, die der Blutstrom dann ins Gehirn trägt.

Wenn aber die rhythmusstabilisierenden Medikamente nicht (mehr) helfen oder schwere Nebenwirkungen auftreten, setzen die Mediziner auf die Elektrotherapie. Mit „Elektroschocks“ kann im Rahmen einer Kardioversion das Herz wieder in den richtigen Rhythmus gebracht werden. Mithilfe eines Herzkatheders können die Ärzte gezielt bestimmte Regionen in den Herzvorhöfen veröden, in denen das Flimmern entsteht. Diese recht neue Katheterablation ist inzwischen gut erprobt. Sie sollte gleichwohl nur in ausgewiesenen Zentren von Experten durchgeführt werden. Immer häufiger wird sie aber auch als Alternative zur medikamentösen Dauertherapie eingesetzt. In erster Linie bei jüngeren Patienten.

Doch Medikamente und Technik reichen nicht aus, um einen Patienten erfolgreich zu behandeln. „Zur Therapie gehört, dass der Kardiologe den Patienten psychisch betreut. Denn diese Krankheit belastet. Phobien, Ängste und Panikattacken können auftreten“, betont der Kardiologe, der gegenwärtig ein Buch über Psychokardiologie schreibt. Das Ziel sei, Herzrhythmusstörungen zwar ernst zu nehmen, sich aber von ihnen nicht verrückt machen zu lassen.

Der Ratgeber „Aus dem Takt: Herzrhythmusstörungen heute“ kann gegen drei Euro (in Briefmarken) bei der Deutschen Herzstiftung, Vogtstr. 50, 60322 Frankfurt am Main oder im Internet unter www.herzstiftung.de/Herzrhythmusstoerungen-Sonderband.html bestellt werden; das komplette Programm der Herzwochen: www.herzstiftung.de