Ob Zimmerbeleuchtung, Displays oder Autoscheinwerfer – die Erfindung dreier Physiker lässt die Welt in einem anderen Licht erscheinen

Stockholm/Hamburg. Sie erhellen schon viele Wohnungen, Geschäfte und Straßen, sie bringen moderne Autoscheinwerfer, Displays und Taschenlampen zum Strahlen: Licht emittierende Dioden (LED) gelten als das Leuchtmittel des 21. Jahrhunderts. Mehr als 100 Jahre lang hatten Glühbirnen Licht ins Dunkel gebracht, später ergänzt durch Halogenlampen und Leuchtstoffröhren. Als die ersten LED auf den Markt kamen, führten sie zunächst ein Nischendasein als Signal- und Reklameblinker. Doch die Technik wurde schnell besser und günstiger. Seit einigen Jahren setzen sich Leuchtdioden zunehmend durch, denn ihre Vorteile sind einfach bestechend.

Von einer „Revolution in der Beleuchtungstechnik“ spricht die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm und ehrt nun drei Forscher mit dem Physik-Nobelpreis, die diese Fortschritte möglich machten. Die gebürtigen Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura entwickelten nämlich Leuchtdioden, die blaues Licht aussenden. Das war die entscheidende Voraussetzung für die inzwischen weitverbreiteten weiß strahlenden Leuchtdioden, die erheblich weniger Strom benötigen und länger halten als herkömmliche Leuchtmittel und zudem ohne giftiges Quecksilber auskommen.

Bisher hatte die Akademie meist bedeutende Theorien und Entdeckungen gewürdigt, etwa 2013 die Arbeiten über das Higgs-Feld, das Teilchen ihre Masse verleiht und so erst Materie möglich macht, aus der Planeten, Sterne und wir Menschen bestehen. Dass das Higgs-Feld tatsächlich existiert, gilt seit der Entdeckung des Higgs-Teilchens als bestätigt. 2014 sei die Ehrung „eher ein Erfinder- als ein Entdecker-Preis“, der eine Leistung mit großem Nutzen für die Menschheit würdige, sagte Anne L’Huillier,Mitglied des Nobelkomitees.

Die Preisträger Isamu Akasaki, 85, und Hiroshi Amano, 54, arbeiten an der Universität von Nagoya in Japan, ihr Kollege Shuji Nakamura forscht an der University of California in Santa Barbara. Den Physiker erreichte der Anruf aus Stockholm um drei Uhr morgens; aufgekratzt stammelte er ein „Unglaublich“ ins Telefon, als er von einer schwedischen Journalistin gefragt wurde, wie er die Nachricht aufgenommen habe. „Vielleicht können Sie jetzt noch ein paar Stunden schlafen“, warf Staffan Normark ein, der Vorsitzende des Nobelkomitees, „aber am Morgen dürften viele Journalisten vor Ihrer Tür stehen.“ Ob diese dort im Licht von LED-Lampen warteten, blieb der Fantasie überlassen.

Warum LED als Leuchtmittel der Zukunft gelten, zeigt ein Vergleich mit klassischer Technik. In Glühbirnen und Halogenlampen fließt elektrischer Strom durch einen Draht, der sich dadurch erwärmt und zu glühen beginnt. Dabei wird allerdings nur ein kleiner Teil der erzeugten Strahlung in sichtbares Licht umgesetzt – der Großteil geht als Wärme verloren. Leuchtstoffröhren enthalten ein Gas, das, angeregt durch elektrischen Strom, ein ultraviolettes Licht abstrahlt. Ein auf der Innenseite der Röhre aufgetragener Leuchtstoff wandelt das UV-Licht dann in sichtbares weißes Licht um. Leuchtstoffröhren sind sparsamer als Glühbirnen, enthalten aber auch giftige Bestandteile.

Leuchtdioden bräuchten erheblich weniger Strom als alle herkömmlichen Lampentypen, zudem würden LED permanent verbessert, betont das Nobelkomitee. Es sei schon eine Lichtausbeute von 300 Lumen pro Watt erreicht worden. Damit seien LED den Glühlampen (bis zu 16 Lumen pro Watt) und Leuchtstoffröhren (bis zu 70 Lumen pro Watt) deutlich überlegen. Da etwa ein Viertel des weltweiten Stromverbrauchs für Beleuchtung genutzt werde, trage LED-Technik maßgeblich dazu bei, die Ressourcen der Erde zu schonen.

LED könnten bis zu 100.000 Stunden halten, im Gegensatz zu Glühlampen (1000 Stunden) und Leuchtstoffröhren (10.000 Stunden).

Leuchtdioden erzeugen Licht aus einem Kristall. Dieser besteht aus zwei entgegengesetzt geladenen Halbleiterschichten, die durch eine Übergangsschicht verbunden sind. Auf einer Seite, der n-Schicht, herrscht ein Überschuss an negativ geladenen Elektronen, auf der anderen Seite fehlen Elektronen, man spricht auch von Löchern. Diese sind positiv geladen, deshalb ist von der p-Schicht die Rede. Fließt ein Strom durch den Kristall, fallen die Elektronen in der Übergangsschicht in die Löcher. Ihre Energie geben sie in Form von Licht ab. Welche Farbe das Licht hat, hängt von seiner Wellenlänge ab – diese wiederum hängt von dem verwendeten Halbleitermaterial ab.

Bereits Ende der 1950er-Jahre wurden Leuchtdioden entwickelt, die rotes Licht aussenden. In den 60er-Jahren gelang es, grünes Licht emittierende Dioden zu konstruieren. Schon damals war klar, dass es eine blaue Diode brauchen würde, die elektromagnetische Strahlung mit kurzer Wellenlänge aussendet, um im Zusammenspiel mit roten und grünen Lichtanteilen ein weißes Licht zu erzeugen. Als ein Kandidat für blaue Dioden galt schon damals das Material Galliumnitrid. Etliche Forscher versuchten sich daran und an anderen Materialien – jahrzehntelang ohne Erfolg.

Erst Isamu Akasaki und Hiroshi Amano gelang es 1986, in einem Kristall aus Galliumnitrid eine p-Schicht zu erzeugen; 1992 präsentierten sie eine Diode, die blaues Licht aussandte. Shuji Nakamura begann 1988 mit der Entwicklung einer blauen LED, wobei er einen Kristall aus Galliumnitrid nach einer anderen Methode entwickelte. Auch er konnte 1992 eine funktionierende LED vorweisen.

Heute gibt es zwei Möglichkeiten, mit LED weißes Licht zu erzeugen: entweder durch die Mischung von blauem mit rotem und grünem Licht oder indem das blaue Licht eine Phosphorschicht zum Leuchten anregt.

Neben den LED entwickelten die drei Forscher auch noch einen blauen Laser. Mit Hilfe dieser Technik konnte eine wesentlich höhere Speicherkapazität als auf einer DVD erreicht werden, was die Blu-ray-Disc ermöglichte.

Von Blu-ray-Playern können Millionen Menschen weltweit nur träumen; sie würden sich erst einmal über elektrischen Strom und Beleuchtung freuen. Günstige sparsame LED, die mit Strom aus Solarpaneelen betrieben werden, könnten eben dies leisten, betonte das Nobelkomitee.