Experte warnt vor Hysterie: Das Ansteckungsrisiko sei gering. Bis zu 18 Kontaktpersonen werden beobachtet

Dallas/Atlanta. Angesichts des ersten Ebola-Falles, der in den USA diagnostiziert wurde, warnt ein Experte vor Hysterie. Ja, Ebola sei eine „Angst einflößende Krankheit“, sagt der Direktor der US-Gesundheitsbehörde CDC, Thomas Frieden. Aber das Ansteckungsrisiko in den USA sei äußerst gering, denn die Krankheit werde hauptsächlich über Körperflüssigkeiten von erkrankten Patienten übertragen. Außerdem sei das Gesundheitssystem der USA „stark“ und „vollkommen anders“ als in den von der Ebola-Epidemie betroffenen Ländern in Westafrika.

Der Patient sei vor rund zehn Tagen aus Liberia in die USA eingereist, wo die Krankheit am Dienstag bei ihm anhand von Proben zweifelsfrei nachgewiesen worden sei, teilte der Leiter der US-Gesundheitsbehörde mit. Auf dem Weg in die USA war der Erkrankte in Brüssel zwischengelandet. Der Behörde zufolge entwickelte er aber erst einige Tage nach der Einreise in die USA Symptome und begab sich in ein Krankenhaus in Dallas im US-Bundesstaat Texas. Dort wurde er auf eine Isolationsstation gebracht.

Derzeit seien bis zu 18 Menschen unter Beobachtung gestellt worden, die möglicherweise mit dem Patienten in Kontakt gekommen seien, unter ihnen auch fünf Kinder aus vier verschiedenen Schulen, teilten der texanische Gouverneur Rick Perry und die Schulbehörde in Dallas mit.

Rasend schnell verbreitet sich die Nachricht über das Internet – und mit ihr die Aufregung. „Ich habe mir heute schon zehnmal die Hände desinfiziert“, schreibt einer beim Kurznachrichtendienst Twitter, und ein anderer beschwert sich: „Warum lassen wir denn solche Menschen aus betroffenen Gebieten noch in die USA einreisen? Ich will mich nicht anstecken und sterben.“

Das CDC und auch das Weiße Haus versuchen gegenzusteuern. Im Flugzeug sei der Patient noch nicht ansteckend gewesen, weil er damals noch keine Symptome gehabt habe, sagte CDC-Chef Frieden, und das Weiße Haus twitterte: „Amerika hat die besten Ärzte und die beste Gesundheitsinfrastruktur der Welt, und wir sind darauf vorbereitet, auf so einen Fall zu reagieren.“

Weitere Verdachtsfälle gebe es in den USA derzeit nicht, sagte Frieden. „Ich habe keine Zweifel, dass wir diesen Ebola-Fall kontrollieren werden, sodass die Krankheit sich in diesem Land nicht weiter verbreiten wird“, sagte er. „Wir werden das stoppen.“

Wie der Sender WFAA-TV auf seiner Homepage berichtete, stehen drei Rettungssanitäter und mehrere Mitarbeiter der Notaufnahme des Krankenhauses unter Beobachtung, weil sie Kontakt mit dem Patienten hatten.

Der Patient sei aus Liberia in die USA gekommen, um Familienmitglieder zu besuchen, berichtete Frieden. Nähere Details oder persönliche Angaben wollte die Gesundheitsbehörde zunächst nicht machen. Nach derzeitigen Informationen sehe es so aus, als sei der Ebola-Kranke in Westafrika nicht an der Bekämpfung der Epidemie beteiligt gewesen. Wie er sich angesteckt habe, sei bislang nicht bekannt. Das Texas Health Presbyterian Krankenhaus in Dallas sei „gut vorbereitet“, um mit so einer Situation umzugehen, sagte Edward Goodman, der dort als Arzt arbeitet.

Die Gefahr einer Ansteckung von Fluggästen ist nach Einschätzung des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) „sehr gering“. Jedenfalls solange der oder die Infizierte sich noch in der Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen befindet. Dann besteht nach bisherigen Erkenntnissen keine Ansteckungsgefahr.

Die belgische Fluggesellschaft Brussels Airlines kündigte unterdessen an, ihre Flüge in die von Ebola betroffenen Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone fortsetzen zu wollen. Ob der amerikanische Ebola-Patient an Bord einer Brussels-Airlines-Maschine war, sei offen, sagte ein Unternehmenssprecher. „Darüber haben wir keine Informationen. Wir haben keine Warnungen von den amerikanischen Behörden erhalten.“ Brussels Airlines ist mit der Lufthansa und vielen anderen Fluggesellschaften in der Star Alliance verbunden, darunter auch der amerikanischen United.

Dem Ebola-Ausbruch in Westafrika sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits mehr als 3000 Menschen zum Opfer gefallen, vor allem in Guinea, Sierra Leone und Liberia. Die Zahl der Infizierten stieg auf mehr als 6500.

Bislang waren in den USA seit Beginn der Ebola-Epidemie fünf Patienten mit der Krankheit behandelt worden. Sie hatten sich alle in Westafrika angesteckt, waren dort diagnostiziert und dann in die USA zur Behandlung gebracht worden. Drei von ihnen haben die Krankheit inzwischen überstanden.

Über den Zustand eines vor drei Wochen in eine Spezialklinik in Atlanta im Bundesstaat Georgia gebrachten Patienten gab es zunächst keinerlei Informationen. Am vergangenen Wochenende war ein erkrankter Arzt, der in Sierra Leone gearbeitet hatte, in eine amerikanische Spezialklinik gebracht worden.

Wegen des Gesundheitsrisikos in den Ebola-Gebieten hält das Bundesinnenministerium die Aussetzung von Abschiebungen nach Westafrika für angemessen. Der Vollzug des Aufenthaltsrechts, also sowohl Abschiebungen als auch die Verhängung eines generellen Abschiebungsstopps, sei jedoch Sache der Bundesländer, sagte ein Ministeriumssprecher.

Einige Bundesländer, darunter Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hamburg, haben ihre Abschiebungen in die Länder Liberia, Sierra Leone, Guinea, Nigeria und den Senegal bereits ausgesetzt. Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen und Sachsen-Anhalt planen zum jetzigen Zeitpunkt keinen Abschiebestopp für die betroffenen Länder. Es sind aber Einzelfallprüfungen vorgesehen. Das Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern teilte mit, derzeit seien zwölf Personen aus den Ebola-Ländern „ausreisepflichtig“. Auch hier würde die aktuelle Situation aber bei den Entscheidungen über mögliche Abschiebungen berücksichtigt. In Schleswig-Holstein erklärte ein Sprecher, er halte es „für ausgeschlossen“, dass es derzeit Abschiebungen nach Westafrika gebe.