Nor Geghi. Steinzeitmenschen in Eurasien waren geschickter als gedacht. Sie entwickelten unabhängig von Menschen in Afrika ausgefeilte Faustkeile. Diese These vertritt ein Forscherteam um Daniel Adler von der University of Connecticut im Journal „Science“. In der Zeit vor 400.000 bis 200.000 Jahren verdrängten in Afrika und Eurasien Faustkeile mit neuen, schärferen Klingen die grobschlächtigen Vorgänger. Als Wiege der Innovation vermuteten Forscher bislang Afrika. Erst frühe Auswanderer hätten die modernen Steinbearbeitungsmethoden nach Eurasien gebracht, so die gängige Lehrmeinung.

Doch möglicherweise wurde der eurasische Erfindergeist unterschätzt. Die Anthropologen um Adler vermuten, dass die Steinbearbeitung unabhängig voneinander entstand und sich synchron weiterentwickelte. Ihre Annahme stützen sie auf einen 2008 gemachten Fund von frühen Steinwerkzeugen nahe der Stadt Nor Geghi im Kaukasus. Die Forscher datierten die Funde auf ein Alter von 325.000 bis 335.000 Jahren. Die Besonderheit: Die Steinwerkzeuge variieren stark in der Art ihrer Bearbeitung. Manche wurden wie Faustkeile von zwei Seiten beschlagen und haben eine Grifffläche am Ende. Andere feinere Klingen wurden bereits mit der Levallois-Technik bearbeitet.

Diese gilt als eine wichtige Innovation in der Herstellung von Steinwerkzeugen. Der entstehende Abschlag ist feiner und schärfer als bei älteren Steinklingen. Die Bearbeitung von Fell, Holz und Knochen wurde so viel präziser. Die Forscher vermuten, dass kleine Gruppen die Faustkeil- zur Levallois-Technik weiterentwickelten. Dies steht aber im Widerspruch zu der Annahme, dass die Levallois-Technik in Afrika erfunden wurde.