Frankfurt. Viele Verbraucher in Deutschland wünschen sich fair und nachhaltig produzierte Lebensmittel – und greifen im Supermarkt dann meist doch zu Billigprodukten. Hauptgrund für diesen Widerspruch ist nach Erkenntnis von Frankfurter Wissenschaftlern nicht das Geld: „Beim Kauf fairer Lebensmittel ist das Einkommen nicht die zentrale Barriere“, sagt Georg Sunderer vom ISOE-Institut für sozial-ökologische Forschung. Das Hauptproblem sei die Macht der Gewohnheit.

„Wenn man schon seit Jahren im Laden um die Ecke einen bestimmten Kaffee oder eine bestimmte Butter kauft, denkt man beim Einkauf gar nicht mehr nach“, erläutert der Soziologe. „Es muss einem erst einmal im richtigen Moment bewusst werden, dass es auch anders geht.“ Gerade am Supermarktregal nehme sich der Verbraucher nur wenige Sekunden Zeit für seine Kaufentscheidung. Zudem sei ethischer Konsum häufig mit einem Mehraufwand verbunden, etwa die Fahrt zu einem weiter entfernten Geschäft.

Neben der Routine spielen laut Sunderer auch persönliche Vorlieben eine große Rolle: „Wenn man etwa bei Schokolade eine Lieblingssorte hat, die es nicht fair gehandelt gibt, fällt der Verzicht natürlich schwer.“ Auch seien viele Verbraucher beim nachhaltigen Konsum noch unsicher bis überfordert. Studien zeigten immer wieder, dass Wissen fehle, etwa darüber, wo faire Produkte erhältlich seien und was die einzelnen Gütesiegel bedeuteten, sagt der Sozialforscher. Und: Die Kunden hätten Zweifel, ob ihr kleiner Beitrag tatsächlich eine Wirkung habe.

Sunderer fordert eine bessere Aufklärung über umwelt- und sozialverträgliches Einkaufen. „Der Verbraucher sollte nicht erst einen langen Beipackzettel studieren müssen, um zu wissen, wie nachhaltig ein Produkt ist.“ Politik und Unternehmen müssten für mehr Transparenz sorgen. Die Flut an unterschiedlichen Zertifikaten, Siegeln und Labels müsse durch wenige, verlässliche Prüfzeichen ersetzt werden.

Jüngsten Studien zufolge, etwa des Nielsen-Instituts, legen die deutschen Verbraucher beim Einkauf immer mehr Wert darauf, dass Produkte unter fairen Arbeitsbedingungen und unter Einhaltung ökologischer Standards gefertigt wurden. Zugleich sind die Deutschen in Europa weiterhin die Schnäppchenjäger Nummer eins.