Hamburger Forscher untersuchen die Umsetzungsprozesse von Kohlenstoff und Silizium vom Hafen bis zur Elbmündung

In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Wasserqualität der Elbe enorm verbessert. Gelangten noch in den 1980er-Jahren Dünger, Abwasser und Schadstoffe nahezu ungefiltert in den Fluss, setzte spätestens nach der Wende ein Umdenken ein. Doch hat die bessere Wasserqualität auch einen Effekt auf das Klima?

Denkbar wäre es. Die Elbe ist ein wichtiger Transportweg Richtung Nordsee. Auch für Kohlenstoff, der im Klimageschehen eine wichtige Rolle spielt. Kommt der Kohlenstoffkreislauf aus dem Gleichgewicht, wird CO2 vermehrt frei – mit Folgen für das Klima. In Metropolen wie Hamburg ist der Einfluss des Menschen besonders groß. Daher haben meine Kollegen vom Exzellenzcluster CliSAP und ich das Elbeästuar untersucht, also den Bereich der Flussmündung, auf den Ebbe und Flut noch einwirken.

Wir interessierten uns dabei für den Kohlenstoff- und den Siliziumkreislauf, die voneinander abhängen. Winzige Algen spielen darin eine wichtige Rolle: In sauberem, lichtdurchflutetem Wasser binden sie CO2 in ihre Biomasse ein und entnehmen dem Wasser gleichzeitig gelöstes Silizium als „Baustoff“. Sterben sie, sinken sie zu Boden und nehmen den Kohlenstoff mit. Dies ist relevant für den globalen CO2-Haushalt, da das CO2 damit aus dem Kreislauf entfernt wurde. Auch das Silizium, nun in Form kleinerer Schalenpartikel, sinkt auf den Grund.

Meine Studie basiert auf Wasserdaten von Hamburger Behörden der vergangenen 30 Jahre. Außerdem habe ich eigene Wasserproben genommen und analysiert. Bisher wurde nur der salzwasserhaltige Abschnitt ab Glücksstadt untersucht. Wir haben erstmals die Hafenregion einbezogen, den Süßwasserbereich. So entstand ein detailliertes Bild der Stoffflüsse, räumlich wie zeitlich. Und es wurde sichtbar, wo viel CO2 freigesetzt wird. Auch zeigte sich, dass der Süßwasserbereich eine große Rolle spielt: In Stadtnähe wird – gemessen an der Fläche – am meisten CO2 zwischen Wasser und Atmosphäre ausgetauscht.

Überraschend war, dass die Wasserqualität der Elbe über die Jahre zwar besser wurde, im Ästuar aber unerwünschte Effekte auftraten: Sauberes Wasser müsste theoretisch zu mehr Algenwachstum und mehr Sauerstoff führen. Doch im Gegenteil: Im Hafen gab es vermehrt regelrechte „Sauerstofflöcher“. Dort ist der CO2-Gehalt so hoch und der Sauerstoffgehalt derart niedrig, dass sogar Fische sterben. Wie konnte das sein?

Durch menschliche Eingriffe wie die Elbvertiefung reduziert sich das lichte Flachwasser. In der tiefen, dunklen Strömung können die Algen aber nicht überleben. Die Folge: Sie sterben ab und werden von Bakterien zersetzt, die dabei CO2 produzieren und viel Sauerstoff verbrauchen.

Mit den toten Algen lagert sich neben dem Kohlenstoff auch das Silizium auf dem Elbgrund ab. Es wird dort später entweder von Organismen aufgelöst oder aber mit den Sedimenten ausgebaggert, um die Fahrrinne für die Schiffe freizuhalten. Das könnte erklären, warum weniger Silizium in der Nordsee ankommt als erwartet.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Wasserqualität der Elbe zwar über die Jahre verbessert hat, der Einfluss des Menschen – beispielsweise durch die Elbvertiefung – bleibt jedoch groß.