Die Umweltminister wollen die Erdgasförderung mit giftigen Substanzen in der Bundesrepublik verbieten. Eine besondere Form soll aber möglich sein.

Berlin. Die Umweltminister der Länder haben sich gerade auf ihrer Frühjahrskonferenz geeinigt, dass es in Deutschland kein Fracking mit umwelttoxischen Substanzen geben darf. Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben bereits eine gemeinsame Bundesratsinitiative für ein entsprechendes Verbot angekündigt. Ist damit das endgültige Aus der Methode zur Erdgasgewinnung besiegelt? Das Abendblatt beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zum Fracking.

Soll Fracking generell verboten werden?

Nein. Es geht bei dem geforderten Verbot um die Förderung von Erdgas aus sogenannten unkonventionellen Lagerstätten, die derzeit in den USA in großem Stil erschlossen werden. Dabei handelt es sich um bislang schwer auszubeutende dichte Schiefergesteine (Shalegas). Schleswig-Holstein hatte bereits 2013 einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, diese Art des Frackings zu verbieten – aber dafür keine Mehrheit erhalten. Das Land hat jetzt zunächst über das Raumordnungsrecht eine Rechtsgrundlage geschaffen, um Fracking-Anträge ablehnen zu können.

Was soll weiterhin möglich bleiben?

Bislang wird Fracking vor allem genutzt, um Erdgas aus sogenannten konventionellen Lagerstätten im gut durchlässigen Sandstein (Tightgas) zu fördern. Das soll auch weiterhin möglich bleiben, allerdings sollen die Auflagen verschärft werden. Nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) gab es allein in Schleswig-Holstein und Niedersachsen seit den 1960er-Jahren mehr als 320 Fracking-Maßnahmen in mehr als 3000 Metern Tiefe.

Warum ist Fracking so umstritten?

Beim Fracking wird mit verschiedenen Chemikalien versetztes Wasser unter hohem Druck in die Tiefe gepresst. Es entstehen feine Risse im Gestein, und das Gas kann entweichen. Derzeit gibt es rund 80 solcher Frack-Zubereitungen, von denen das Umweltbundesamt (UBA) in einer Studie lediglich 27 als nicht gefährlich einstuft. 25 dieser Mischungen gelten als gesundheitsschädlich, sechs als umweltgefährlich und weitere sechs sogar als giftig. Die Umweltminister der Länder wollen den Einsatz dieser umwelttoxischen Substanzen verbieten. In den USA soll es wegen technischer Unzulänglichkeiten bereits zu Belastungen des Grundwassers durch Fracking gekommen sein.

Worin unterscheidet sich das Fracking in konventionellen von dem in unkonventionellen Lagerstätten?

Der Hydrogeologe Uwe Dannwolf vom Consultingunternehmen RiskCom in Pforzheim, das an der UBA-Studie beteiligt ist, sieht keine grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Fracking-Methoden. Allerdings wird eine Fracking-Maßnahme jeweils an das Gestein und die Tiefe angepasst. Schiefergas wird in Norddeutschland in der Regel aus einer größeren Tiefe gewonnen als Gas aus Sandsteinen. Die Tiefenlage allein bedeute noch kein höheres Risiko für eine potenzielle Grundwassergefährdung. Hydrogeologe Dannwolf hält es deshalb auch für wenig sinnvoll, bei der Risikoabschätzung zwischen konventioneller und unkonventioneller Erdgasförderung zu unterschieden. So habe die Europäische Kommission von den Begriffen „konventionell“ und „unkonventionell“ auch bereits Abstand genommen und den Begriff „Hochvolumen“-Fracking eingeführt. Für solche großen Fracking-Maßnahmen mit mehr als 10.000 Kubikmetern Wasser fordert Brüssel besondere Sicherheitsauflagen.

Wie groß ist das Fracking-Potenzial in Deutschland?

Experten schätzen die Gasvorkommen in Deutschland, die mit Fracking gefördert werden könnten, auf etwa 1,3 Billionen Kubikmeter. Diese Menge würde rein rechnerisch ausreichen, um die deutsche Gasversorgung 13 Jahre lang zu sichern. Allerdings liegt ein Teil der abbaubaren Vorkommen in Trinkwasserschutzgebieten, in denen die Umweltminister das Fracking grundsätzlich verbieten wollen. Anders als beim konventionellen Fracking sind bei der Förderung aus Schiefergas sehr viel mehr Bohrungen erforderlich. Das Umweltbundesamt rechnet in einer Studie vor: Um das heute bekannte Schiefergas-Potenzial in Deutschland zu erschließen, wären 48.000 Bohrungen auf 9300 Quadratkilometern nötig. Das deutsche Bergrecht ist auf die Anforderungen des Frackings noch nicht ausgerichtet. Wird die Fördererlaubnis einmal erteilt, haben die Behörden zum Beispiel keine Möglichkeit mehr, auf die Auswahl der Bohrplätze Einfluss zu nehmen. Das wollen die Umweltminister der Länder ändern.

Grafik zum Großklicken