Hamburger Forscherin entwickelt neue Methode, mit der sich Überflutungen realitätsnah im Computer simulieren lassen

Hamburg. Taifun Haiyan und Hurrikan Katrina haben gezeigt, wie wichtig es ist, Menschen vor Extremereignissen rechtzeitig zu warnen und in Sicherheit zu bringen. Heute liefern häufig Computer-Simulationen die Basis für Risikoanalysen. An der Schnittstelle zwischen Geowissenschaften und Mathematik erarbeite ich solche Szenarien für Sturmfluten. Zusammen mit meinen Kollegen entwickle ich Verfahren und Computerprogramme, die komplexe Naturphänomene mathematisch beschreiben. Mit meinem Modell lässt sich zum Beispiel berechnen, wie hoch das Wasser wo steht und wie schnell es sich in eine bestimmte Richtung bewegt.

Zunächst einmal übersetzen wir Naturgesetze in mathematische Gleichungen, damit moderne Rechner sie verarbeiten können. Dabei wird die jeweilige Region mit einem Rechengitter überzogen, das sich aus Dreiecken zusammensetzt. An fest definierten Punkten dieser Dreiecke kann ich nun die aktuellen Werte für die Richtung und Geschwindigkeit (Impuls) und Menge des bewegten Wassers (Masse) eingeben. Diese Werte lasse ich in mathematische Gleichungen für Masse- und Impulserhaltung einfließen. Damit wird das Anschwellen und Abklingen des Impulses und die Wasserhöhe simuliert. Je kleiner die Dreiecke, desto höher die Auflösung und desto genauer das Modell – ein entscheidender Aspekt.

Denn eine große Herausforderung bei der Modellierung von Überflutungen ist es, Prozesse auf unterschiedlichen Größen-Skalen korrekt zu darzustellen: Selbst mit unseren gesamten Computerressourcen ist es nicht möglich, alle Vorgänge gleichzeitig zu berechnen. Für realistische Simulationen müssen wir verschiedene Parameter berücksichtigen, die auf die Bewegung des Wassers wirken – zum Beispiel das Profil von Küsten und des Untergrunds von Gewässern oder den Antrieb durch Wind. Mit unserem Gitter können wir diese komplexen Geometrien präzise darstellen. Wir möchten aber vor allem auch kleinskalige Phänomene wie Übergänge von nass zu trocken möglichst genau berechnen. Um all diese Effekte abzubilden, habe ich mein Modell auf einem sogenannten adaptiven Rechengitter entwickelt.

Adaptive Gitter sparen Rechenressourcen, indem sie nur dort ein engmaschiges Netz und damit eine hohe Auflösung erzeugen, wo es benötigt wird. An Übergängen und Rändern – etwa zwischen nass und trocken – liefert das Gitter eine feine Auflösung. An weniger relevanten Positionen genügt ein gröberes Raster. Diese automatische Anpassung bietet einen intelligenten Ansatz, Überflutungen akkurat und effizient zu simulieren. Sie verringert Dauer und Kosten der Berechnungen, ohne dass die Ergebnisse ungenau werden. Gleichzeitig ist es uns sehr wichtig, dass unser Modell praktikabel und gut nachvollziehbar ist. Deshalb haben wir es so entwickelt, dass sich auch andere Fachleute schnell einarbeiten können.

In der Theorie hat sich mein Verfahren als sehr zuverlässig erwiesen. Erste praktische Probeläufe haben dies bestätigt. Um wirklich sicher zu sein, dass die simulierten Werte realistisch sind, werde ich sie anhand von Messdaten vergangener Extremereignisse noch prüfen. Diesen Schritt nennt man Validierung. Als nächstes werde ich mein Modell nun am Beispiel des Hurrikans Ike testen. Mit Windböen von über 150 km/h fegte der Wirbelsturm 2008 über Texas hinweg und überschwemmte die dicht besiedelte Küste am Golf von Mexiko. Nach der Validierung kann meine Methode dazu beitragen, Sturmflutmodelle und damit auch Frühwarnsysteme zu verbessern.