Livingston. Sie tragen den gleichen Namen. Aber zwischen der Forscherin Sarah L. Anzick und Anzick-1 liegen mehr als 12.600 Jahre Geschichte. Trotzdem bestimmen die Überreste des kleinen Jungen das Leben der Forscherin: Sie war noch ein Kind, als 1968 auf dem Grundstück ihrer Eltern eine prähistorische Grabstätte gefunden wurde. Darin lag die älteste Mumie Nordamerikas.

Nun ist es Anzick und ihrem Team gelungen, das Genom der Mumie zu entschlüsseln – und so neue Erkenntnissen über die Besiedelung Nordamerikas zu gewinnen. Der Abgleich mit DNA-Material lebender Menschen zeige, dass der Junge direkter Vorfahre der heutigen nordamerikanischen Ureinwohner sei, berichten die Forscher im Journal „Nature“. Zudem belege das Erbgut, dass die Vorfahren von Anzick-1 aus Asien stammten. Das widerlege die These, die ersten Menschen seien direkt aus Europa nach Nordamerika gekommen. Durch in dem Grab gefundene Steinspitzen lässt sich der Junge der Clovis-Kultur zuordnen, die als erste flächig verbreitete Kultur Nordamerikas gilt. Denn nur die Clovis-Menschen verwendeten Pfeil- und Speerspitzen aus speziell verarbeitetem Feuerstein.

Sarah Anzick möchte Anzick-1 bald wieder bestatten, als Zeichen des Respekts für die indigene Kultur. So wird die Mumie nach vielen Jahrzehnten als Forschungsobjekt wieder der Erde übergeben.