In der Antarktis hat das Reich der Mitte nun seine vierte Forschungsstation in Betrieb genommen. Offiziell soll es dort um Forschung gehen. An Rohstoffen sei man nicht interessiert, heißt es

Berlin. Sie waren spät dran mit ihrem Engagement, doch nun agieren die Chinesen in der Antarktis umso entschlossener: Eben erst hat das Reich der Mitte seine nunmehr vierte Forschungsstation nahe des Südpols in Betrieb genommen. Taishan heißt die nach einem Berg in China benannte Einrichtung, die auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern bis zu 20 Wissenschaftlern Platz bietet. Sie solle mindestens 15 Jahre in Betrieb bleiben, meldete die staatliche chinesischen Nachrichtenseite China.org.cn.

Die Durchschnittstemperatur im Gebiet der Forschungsstation liegt bei minus 36,6 Grad. In der Station kann eine Temperatur von bis zu 20 Grad erreicht werden. Offiziell soll die Basis der Erforschung geologischer, meteorologischer und geomagnetischer Fragen, sowie der Untersuchung von Gletschern dienen.

Gemessen an der Zahl der Wissenschaftler, die gleichzeitig in der Basis arbeiten können, ist Taishan die räumlich kleinste chinesische Antarktis-Station. Die bisher größte Station heißt übersetzt „die Große Mauer“. Deren 25 Gebäude bieten mit einer Gesamtfläche von 4200 Quadratmetern 60 Menschen Platz zum Arbeiten.

Mit dieser 1985 errichteten Basis traten die Chinesen relativ spät dem Kreis der in der Antarktis forschenden Staaten bei. Denn bereits 1959 unterschrieben zwölf Staaten, darunter Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA, den Antarktis-Vertrag.

In dem Abkommen hatten sich die unterzeichnenden Staaten darauf geeinigt, keine territorialen Ansprüche auf die Antarktis zu erheben. Grund für die Zurückhaltung waren allerdings wohl eher die klimatischen Verhältnisse in der Antarktis als umweltpolitische Überlegungen. So heißt es in der Übereinkunft, die Antarktis sei ein „dauerhaft nicht aneignungsfähiges Nichtstaatsgebiet“.

Die unbewohnte Antarktis zwischen 60 und 90 Grad südlicher Breite sollte vornehmlich der wissenschaftlichen Forschung vorbehalten sein. Für Jahrzehnte war damit offiziell die Präsenz von Militär und der Abbau von Rohstoffen am Südpol ausgeschlossen. Die 13,2 Millionen Quadratkilometer der Antarktis – eine Fläche größer als Europa – blieben damit als einzigartiges Naturreservat erhalten.

Doch die Region weckt auch Begehrlichkeiten. Denn unter dem Eis könnten sich gewaltige Rohstoffvorkommen, vor allem Erdöl und Erze, verbergen. Mehr als 30 Nationen sind derzeit mit Forschern in der Antarktis präsent. Zwar ist der allgemeine Tenor der Staaten, man betreibe nur Forschung. Einige Wissenschaftler befürchten aber, dass die Aktivitäten auch der Aneignung von Rohstoffen dienen könnten.

Förderung von Rohstoffen ist wegen extremer Bedingungen schwierig

Sieben Länder erheben offiziell Hoheitsansprüche auf Teilgebiete der Antarktis: Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Neuseeland, Norwegen und Großbritannien. Derzeit sind diese Ansprüche politisch nicht relevant. Sollte der Abbau von Ressourcen aber technisch möglich werden, könnten diese und weitere Staaten versuchen, die Rohstoffe zu bergen. Der umweltpolitische Sprecher des Alfred-Wegener-Instituts, Stefan Hain, widerspricht dieser Einschätzung. Er verweist auf das Zusatzprotokoll zum Antarktis-Vertrag von 1991. „Nach dem Umweltschutzprotokoll dürfen keine mineralischen Ressourcen in der Antarktis gefördert werden“, sagt Hain. Und ohnehin sei die Förderung von Rohstoffen in der Antarktis aufgrund der klimatischen Bedingungen, der Eisstürme und der extremen Temperaturen, noch „ferne Zukunftsmusik“. Auch China hegt nach Meinung von Hain keine ausbeuterischen Absichten. Vielmehr betont er, was die Region für eine einmalige Forschungslandschaft sei. „In der Antarktis können wir wie in einem Geschichtsbuch nachschlagen.“

Anhand von jahrtausendealten Eisblöcken, die aus den Tiefen des Eises geholt worden seien, könne man beispielsweise die Zunahme des CO2-Gehalts in der Atmosphäre nachvollziehen. Nirgendwo sonst könne man der Erde Geheimnisse entlocken wie in der Antarktis, sagt Hain.

Auch die Deutschen haben mit der Neumayer-Station III eine eigene Forschungsbasis. In der Antarktis arbeiten deutsche Wissenschaftler an einer Vielzahl von Themen. Sie untersuchen etwa, wie sich das Ozonloch entwickelt und studieren die Lebenswelt am Meeresboden.

Unter dem Namen „Polarstern“ betreibt das Alfred-Wegener-Institut ein eigenes Forschungsschiff. Zurzeit ist das Schiff auf einer Expedition unterwegs, um insbesondere die Auswirkung des Klimawandels auf die Stärke des antarktischen Eises zu untersuchen. Denn der kilometerdicke Eispanzer schmilzt teilweise, wenn auch bisher nur langsam.

Tourismus gefährde das Ökosystem der Antarktis, warnen Forscher

Wissenschaftler warnen bereits seit mehreren Jahren vor der Veränderung der Naturbedingungen in der Antarktis, so etwa Forscher um Hamish Pritchard von der British Antarctic Survey. Bei ihren Untersuchungen fanden sie heraus, dass der Klimawandel die Winde in ihrer Stärke und Richtung verändert, und dass dies unmittelbaren Einfluss auf die Meeresströmungen hat. Die Folge: Das Schelfeis um die Antarktis schmelze nicht nur durch warme Winde, sondern zusätzlich auch durch warme Meeresströmungen.

Dieser Effekt scheint auch für die Ablösung der als B-31 benannten Eisscholle verantwortlich zu sein. B-31, eine Eisplatte größer als Hamburg, hatte sich im November vergangenen Jahres von der Küste gelöst.

Ebenso problematisch sind die zahlreichen Touristen, die auf Schiffen die Antarktis besichtigen. Nach Angaben der Antarktis Tourismus Organisation IAATO bestaunten 2012 und 2013 mehr als 34.000 Besucher die Eismassen der Antarktis, darunter 3830 deutsche Touristen. Die Besucherscharen könnten für das Ökosystem der Antarktis unangenehme Folgen haben. Der Leiter der Stabsstelle Umweltpolitik des Alfred-Wegener-Instituts, Stefan Hain, warnt vor der Gefahr durch die Einschleppung fremder Arten durch Besuchergruppen. So habe sich beispielsweise im viel besuchten Westen der Antarktis mit dem Rispengras eine fremde Pflanze angesiedelt.

Auch Tiere spüren die Folgen: Königspinguine empfinden die ungewohnte Gegenwart von Menschen als Stress, wie Forscher der Universität Lausanne in der Schweiz herausfanden.