Michael Krumm, Literaturwissenschaftler aus Lauenburg:

Diese scherzhafte Bezeichnung für einen gierigen Vielleser ist in der regionalen Variante „Leseratz“ seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt. Die exakte Herkunft aber ist unklar, im Unterschied zum sinnverwandten „Bücherwurm“, der wohl aus einem Theaterstück Lessings von 1749 stammt. Der Ausdruck Leseratte hatte noch bis ins 20. Jahrhundert durchaus kritische Untertöne, denn damit wurde das wahl- und maßlose „Verschlingen“ jedweden Lesestoffs unterstellt. Während aber die bloße „Ratte“ als Bezeichnung für Menschen nach wie vor verächtlich ist, haben Wortverbindungen damit einen Bedeutungswandel erfahren. So wurde auch aus der „Wasserratte“, die in Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ noch einen Piraten meinte, heute jemand, der nur leidenschaftlich ins Nass vernarrt ist.

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