Eine neue Studie des UKE zeigt, dass Patienten mit einem solchen Implantat weniger Fehler im Straßenverkehr machen.

Hamburg. Gute Nachrichten für Parkinson-Patienten, die einen sogenannten Hirnschrittmacher tragen. Denn die Tiefe Hirnstimulation, wie diese Methode medizinisch genannt wird, kann die Fahrsicherheit dieser Patienten positiv beeinflussen. In einer Studie haben Patienten mit dem Hirnschrittmacher weniger Fehler beim Autofahren gemacht als Patienten ohne ein entsprechendes Implantat. Das haben Wissenschaftler des Neurozentrums am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) herausgefunden. Sie berichten darüber in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Neurology“.

Die Parkinson-Krankheit zählt zu den häufigsten fortschreitenden Erkrankungen des Nervensystems im höheren Alter. Typische Symptome dieser Erkrankung, die auch als Schüttellähmung bezeichnet wird, sind Bewegungsarmut, Steifigkeit der Muskulatur, Zittern der Hände und eine Haltungsinstabilität, bei der die Patienten zum Beispiel beim Laufen nach vorn kippen. Laut Schätzungen sind in Deutschland 250.000 bis 400.000 Menschen davon betroffen. „Nach einer älteren Studie haben 82 Prozent der Betroffenen einen Führerschein, und 60 Prozent davon fahren Auto. Nach einer aktuellen Studie, die wir noch nicht veröffentlicht haben, trifft das auch auf Patienten zu, die einen Hirnschrittmacher tragen“, sagt Privatdozent Dr. Carsten Buhmann, Leiter des Bereichs Neurologie im Ambulanzzentrum des UKE.

In einer anderen aktuellen Studie, die von Buhmann geleitet wurde, hat er jetzt zusammen mit seinen Kollegen am UKE das Fahrverhalten der Patienten genauer unter die Lupe genommen. Denn nach den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung der Bundesanstalt für Straßenwesen dürfen die Patienten nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichten Fällen der Erkrankung Auto fahren. Die Fahreignung muss ein Arzt oder Psychologe beurteilen, je nach Krankheitsstadium in Abständen von ein bis vier Jahren. Das kann unter Umständen auch bedeuten, dass die Betroffenen ganz auf das Autofahren verzichten müssen.

„Leiden Parkinson-Patienten unter Demenz, schweren motorischen Beeinträchtigungen wie Steifigkeit, unkontrollierten Bewegungen oder Zittern, sehen sie doppelt, können den Abstand nicht mehr richtig einschätzen oder ist ihre Reaktion deutlich verlangsamt, dürfen sie nicht mehr Auto fahren“, sagt Buhmann. Aber nicht nur die Erkrankung, auch die Medikamente, mit denen sie behandelt werden, können die Fahrtüchtigkeit einschränken. Zum Beispiel, indem sie Einschlafattacken oder Halluzinationen verursachen.

Die UKE-Forscher wollten vor allem wissen, wie sich die Implantation eines Hirnschrittmachers auf das Fahrverhalten auswirkt. Dieses kleine Gerät wird unter die Haut implantiert, von wo aus es über zwei Elektroden elektrische Impulse an das Gehirn sendet. „Dort schalten diese Impulse in der Tiefe des Gehirns eine Region aus, die durch den Dopaminmangel bei der Parkinson-Krankheit überaktiv ist. Dadurch normalisieren sich die Bewegungsabläufe des Patienten, und das Zittern lässt nach“, erklärt Buhmann.

An der UKE-Studie haben 23 Parkinson-Patienten mit Hirnschrittmachern, 21 Erkrankte ohne solche Implantate und 21 Gesunde teilgenommen. Alle Studienteilnehmer sind in den vergangenen drei Jahren mindestens einmal pro Woche mehr als 30 Minuten Auto gefahren. Die Tests wurden in einem Fahrsimulator durchgeführt, jeweils für eine Zeit von vier bis sechs Minuten. „Deswegen können die Ergebnisse nur auf kurze Strecken übertragen werden und nicht auf lange Autobahnfahrten“, sagt der Neurologe.

Zwei Gruppen wurden jeweils einmal getestet, die Gruppe mit dem Hirnschrittmacher musste den Test dreimal absolvieren: mit eingeschaltetem Hirnschrittmacher, mit abgeschaltetem Implantat ohne Medikamente sowie ein weiteres Mal mit abgeschaltetem Stimulator und nachdem sie das Parkinson-Medikament Levodopa eingenommen hatten. „Denn Arzt und Patient haben Geräte, mit denen sie den Strom in dem Schrittmacher einfach an- und ausschalten können“, sagt Buhmann.

Bei den Tests wurde die Zahl der leichten, mittelschweren und schweren Fahrfehler gemessen. Geringfügige Fahrfehler waren etwa leichte Geschwindigkeitsüber- oder -unterschreitungen. Zu den schweren Fahrfehlern zählte beispielsweise das Nichtbeachten eines Fußgängers. Das Fazit der Untersuchung: Parkinson-Patienten mit Stimulator fuhren zwar insgesamt langsamer und vorsichtiger, aber fehlerfreier als Patienten ohne Implantat und ähnlich sicher wie die gesunden Studienteilnehmer. In der Kategorie „geringfügige Fahrfehler“ machten sie sogar weniger Fahrfehler als die gesunden Versuchspersonen. „Das lässt sich dadurch erklären, dass sie langsamer fahren, sehr vorsichtig sind und sich bemühen, alles richtig zu machen“, sagt Buhmann. Die Probanden mit Stimulator erreichten in dieser Kategorie einen Durchschnittswert von 3,8 Fehler. Die Gruppe der Gesunden lag bei 7,5 und die Parkinson-Patienten ohne Stimulator im Schnitt bei 11,4 Fehler. Parkinson-Patienten ohne Hirnschrittmacher fuhren schlechter als gesunde Probanden und als die Patienten mit Stimulator, obwohl sie weniger schwer und kürzer erkrankt waren.

Zudem fuhren Parkinson-Patienten mit eingeschaltetem Hirnschrittmacher bei vergleichbarer Beweglichkeit fehlerfreier als unter dem Einfluss des Parkinson-Medikaments Levodopa. So machten sie mit eingeschaltetem Hirnstimulator elf Fahrfehler. Im Vergleich dazu verursachten sie 13 Fehler mit ausgeschaltetem Stimulator nach Medikamenteneinnahme sowie 14 Fehler mit ausgeschaltetem Stimulator und ohne Medikamenteneinnahme.

Hoffnung auf besseres Autofahren ist kein Grund für eine Implantation

Für Buhmann steht nach Auswertung der Tests fest: „Der Hirnschrittmacher hat einen positiven Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit, das ergab unsere Studie. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Parkinson-Patienten mit Hirnschrittmacher schlechter Auto fahren als Erkrankte ohne Implantat“. Andererseits betont er, dass allein die Hoffnung auf besseres Autofahren kein Grund für die Implantation eines Hirnschrittmachers ist. Diese Methode wird nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet, „wenn unter fachärztlicher Betreuung und guter Einstellung der Medikamente keine ausreichende Lebensqualität herzustellen ist. Der Grad der Behinderung ist aber immer sehr von den individuellen Lebensumständen abhängig“, so der UKE-Mediziner.

Nicht operiert werden können Patienten, die bereits unter relevanten Einschränkungen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit oder an einer Demenz leiden. Auch schwere psychische Begleiterkrankungen wie schwere Depressionen oder eine anhaltende Psychose sind Ausschlusskriterien.

„Hinzu kommt, dass sich nicht alle Symptome der Erkrankung durch diese Methode bessern lassen. Das heißt, wenn wir den Eindruck haben, dass der Schrittmacher auf die wesentlichen Beschwerden des Patienten keinen positiven Einfluss hat oder sie möglicherweise sogar verschlechtert, würden wir ebenfalls von dieser Methode abraten“, sagt Carsten Buhmann.