Wissenschaftsmagazin „Science“ kürt zehn Forschungsergebnisse. Die Top-Entdeckung des Jahres ist die Krebs-Immuntherapie, an der seit Jahrzehnten geforscht wird.

Washington. Der Fortschritt bei der Krebs-Immuntherapie ist nach Einschätzung des Fachmagazins „Science“ die wissenschaftliche Top-Entdeckung des Jahres 2013. Die Strategie, an der seit Jahrzehnten geforscht wird, habe in diesem Jahr endlich ihr volles Potenzial gezeigt, begründeten die Herausgeber ihre Entscheidung in einer Mitteilung. „Ein neues Kapitel der Krebsforschung und -behandlung hat begonnen.“ Bei der Krebs-Immuntherapie steht nicht der Tumor im Vordergrund, sondern das Immunsystem. Die Methode soll Immunzellen dazu bringen, den Krebs zu bekämpfen.

Es gibt unterschiedliche Ansätze bei diesen Behandlungsmethoden. So werden zum Beispiel Antikörper eingesetzt, die sich gezielt gegen bestimmte Merkmale des Tumors richten. Beispiele sind der Einsatz von solchen Antikörpern gegen Lymphome, Brustkrebs oder Magen- und Darmkrebs. Neu sind zum Beispiel sogenannte bifunktionelle Antikörper. Sie bestehen aus zwei Komponenten: Auf der einen Seite können sie damit an bestimmte Moleküle auf der Oberfläche der Krebszellen andocken, auf der anderen Seite an die Oberfläche von bestimmten Abwehrzellen. Auf diese Weise wird dann das Immunsystem gegen den Krebs mobilisiert. Diese Antikörper werden zurzeit intensiv erforscht.

Neben dieser passiven gibt es auch die aktive Immuntherapie. Diese Behandlung zielt darauf ab, das Abwehrsystem dazu zu bewegen, gegen den Tumor vorzugehen. So gibt es Medikamente, die die Mechanismen des Tumors, mit denen er eine Reaktion des Immunsystems verhindern will, außer Kraft setzen.

Ein anderer Weg, an dem zurzeit ebenfalls intensiv geforscht wird, ist die Vakzinierung, bei der versucht wird, bestimmte Zellen des Immunsystems gegen den Krebs zu aktivieren. Ziel dieser Methoden ist es, die Tumorzellen abzutöten oder zumindest in ihrem Wachstum zu hemmen. Insgesamt ist die Immuntherapie bisher aber nur an wenigen Krebsarten und auch noch nicht ausgiebig getestet worden.

Immer zum Jahresende kürt das Wissenschaftsmagazin „Science“ entscheidende Entdeckungen oder Durchbrüche aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Hinter der Immuntherapie schafften es in diesem Jahr folgende Projekte auf die Liste:

Gehirn repariert sich im Schlaf

Als entscheidend bewerteten die Fachjournalisten so etwa die Entdeckung, dass das menschliche Gehirn sich im Schlaf selbst reinigt und repariert. Mit Experimenten an Mäusen wiesen Forscher nach, dass das Gehirn im Schlaf Kanäle zwischen Neuronen erweitert, so dass mehr Hirnflüssigkeit durchfließen kann. Das spreche dafür, so die Wissenschaftler, dass Sanierung und Reparatur mit zu den wichtigsten Gründen gehört, warum Menschen schlafen.

Forscher züchten Mini-Organe

Auch der Fortschritt an im Labor gezüchteten Mini-Organen sei in diesem Jahr bemerkenswert gewesen, teilten die „Science“-Herausgeber mit. So seien unter anderem kleine Lebern, Nieren und Gehirne erschaffen worden, die eines Tages möglicherweise weit besser zu Forschungszwecken benutzt werden könnten als Versuchstiere.

Wichtigkeit von Mikroben erkannt

Ein Durchbruch wurde auch bei der Erforschung der unzähligen im Körper lebenden Mikroben erzielt. Es sei deutlich geworden, wie wichtig diese Mini-Lebewesen für den Menschen sind, hieß es in der Mitteilung von „Science“. So könnten Darmbakterien etwa zu einer schweren Form von Mangelernährung beitragen. Die Medizin müsse die Mikroben eines Menschen künftig stärker in Behandlungen einbeziehen.

Erstmals menschliche Klon-Embryonen

US-Forschern gelang es 2013 erstmals, menschliche Klon-Embryonen herzustellen und daraus Stammzellen zu gewinnen. Sie nutzten dafür eine Methode, die auch zu Klonschaf Dolly führte, wollten aber ausdrücklich keine Klon-Menschen erschaffen, wie sie sagten. Für ihr umstrittenes Verfahren nutzten die Wissenschaftler eine koffeinhaltige Lösung.

DNA-Struktur als Skalpell

Auch die CRISPR-Struktur schaffte es auf die Liste der Top-Entdeckungen des Jahres. Mehr als ein Dutzend Forscherteams hätten die Entdeckung der Abschnitte sich wiederholender DNA dazu benutzt, das Genom von Pflanzen, Tieren und menschlichen Zellen zu verändern. Die Struktur werde inzwischen als ein Skalpell für die Manipulation einzelner Gene angesehen.

Ein neuer Blick auf unser Denkorgan

Lobende Erwähnung fand auch eine neue Technik, Gehirngewebe darzustellen. Die Methode, die das Gewebe durchsichtig erscheinen lässt, so dass Gehirnzellen deutlich zu sehen sind, habe „die Art und Weise, wie Forscher dieses komplexe Organ betrachten, verändert“, hieß es von den „Science“-Herausgebern.

Stoffe für Impfungen und Solarzellen

Das Fachmagazin nahm auch eine neue Zutat für eine Impfung in seine Liste auf, die eine Kinderkrankheit effektiv bekämpft, sowie ein neues Material für Solarzellen, das sie günstiger und einfacher herstellbar macht.

Entstehung der kosmischen Strahlung

Schließlich schaffte es auch eine Entdeckung aus der Astronomie auf die Liste. Forscher hatten 2013 erstmals die bereits seit Jahrzehnten bestehende Vermutung bewiesen, dass kosmische Strahlung aus dem Staub von explodierenden Sternen entstehen kann.

2012 hatten die „Science“-Herausgeber die wahrscheinliche Entdeckung des Higgs-Teilchens zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres gekürt.