Das Altonaer Kinderkrankenhaus bietet ein spezielles Training für Eltern an, deren Kleinkinder nachts keine Ruhe finden

Hamburg. Noch eine Geschichte vorlesen, etwas trinken, die Parade der Kuscheltiere im Bett noch mal neu sortieren: Manche Kinder brauchen Stunden, um abends zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden. Andere wachen nachts immer wieder auf und können allein nicht wieder einschlafen. Die Eltern sitzen dann die halbe Nacht neben den Kindern und versuchen, sie wieder zur Ruhe zu bringen, oder das Kind schläft nur noch im Bett der Eltern wieder ein. Solche Probleme sind bei Kleinkindern keine Seltenheit. „Es gibt Zahlen, nach denen 20 bis 30 Prozent der Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren Schlafstörungen haben“, sagt Dr. Thorsten Eichler, Kinderarzt am Altonaer Kinderkrankenhaus.

Er ist Leiter eines neuen Projekts, in dem Eltern von Kindern dieser Altersgruppe, die unter Schlafstörungen leiden, ab Januar ein spezielles Training angeboten wird. Es wurde von Kinderärzten und Spezialisten für Kinder- und Jugendpsychosomatik am AKK entwickelt.

Solche Schlafstörungen können zur Belastung für die ganze Familie werden: Die Eltern bekommen selbst nicht mehr genügend Schlaf, die Geschwisterkinder wachen nachts ebenfalls auf. Irgendwann sind alle am Ende ihrer Kräfte, die Nerven liegen blank und die Eltern suchen verzweifelt die Hilfe eines Spezialisten.

Zunächst muss aber die Ursache geklärt werden. „Es gibt körperliche Ursachen, wie zum Beispiel Atemprobleme oder Krampfanfälle im Schlaf. Diese muss man körperlich behandeln“, sagt Eichler. Das Schlaftraining ist gedacht für Kinder, bei denen zum Beispiel Entwicklungsprobleme die Ursache sind. „Das sind oft Kinder, die den Wechsel vom Rhythmus des Säuglings, der alle zwei bis drei Stunden aufwacht, etwas trinkt, Zuwendung bekommt und wieder einschläft, hin zum Rhythmus des älteren Kindes, das längere Zeit am Stück schläft und tagsüber wach ist, nicht gut schaffen“, sagt Eichler. Reagieren Eltern dann darauf, indem sie das Kind jedes Mal hochnehmen und ihm etwas zu trinken geben, wenn es aufwacht und schreit, kann sich dieses Problem verselbstständigen. Denn das Kind lernt nicht, das nächtliche Aufwachen hinzunehmen, sich dann einfach auf die andere Seite zu drehen und wieder einzuschlafen. „Bei anderen Kindern spielen auch Ängste eine Rolle. Vor allem bei Kindern zwischen vier und sechs Jahren muss man auch an Verlustängste denken oder daran, dass sie mehr Zuwendung brauchen, weil ein Geschwisterkind dazugekommen ist“, sagt Eichler.

Das neue Elterntraining am AKK greift all diese Probleme auf. Es soll an vier Abenden in Einheiten von jeweils 90 Minuten im Abstand von jeweils zwei Wochen stattfinden. Die Finanzierung erfolgt aus Spendengeldern des Vereins „Hamburg macht Kinder gesund“. Die Teilnahme ist daher für Familien kostenlos. „Wenn es sich bewährt, hoffen wir, dass irgendwann die Krankenkassen die Kosten dafür übernehmen“, sagt Eichler.

Bei den Treffen erhalten die Eltern Informationen und können sich mit anderen Betroffenen austauschen. Mit dabei sind immer jeweils ein Kinderarzt und ein Kinderpsychologe. „Wir können nicht erreichen, dass am Ende der Schulung jedes Kind sein Schlafproblem los ist. Die Eltern sollen mehr Wissen haben und mehr Sicherheit“, sagt Eichler. Sie werden darüber aufgeklärt, was Schlaf ist, wofür er wichtig ist, welche Schlafstörungen es gibt und was dahinterstecken kann. Es geht auch um psychologische Fragen, wie zum Beispiel um Träume oder Ängste. Zudem stehen Entspannung und Entspannungstechniken auf dem Programm „Außerdem erhalten die Eltern von uns Aufgaben, die sie bis zum nächsten Termin ausprobieren sollen. Ihre Erfahrungen werden dann in der Gruppe besprochen“, erklärt Eichler.

Thema des Trainings ist auch die Schlafhygiene, also die optimale Gestaltung der Schlafumgebung und der abendlichen Einschlafrituale. „Im Kinderschlafzimmer soll es ruhig und dunkel sein. Das Bett soll ausschließlich ein Ort des Schlafens sein, nicht beim Spielen oder Fernsehen benutzt werden und positiv besetzt sein. Das heißt: Kindern das Zubettgehen als Strafe anzudrohen, sollte man vermeiden. Ungünstig ist vor dem Schlafengehen auch alles, was stimuliert, also Toben, aufregende Gutenachtgeschichten oder das Trinken von Cola. Aber man muss für jedes Kind das Richtige finden. Es gibt keine Patentrezepte“, sagt Eichler.

Ein wichtiges Anliegen ist dem Kinderarzt bei dem Training, den Eltern mehr Gelassenheit im Umgang mit den Schlafstörungen zu vermitteln. „Denn elterliche Ängste können das Problem noch verstärken. Der Gedanke, das Kind muss eine bestimmte Zeit schlafen, weil es sonst Schaden nimmt, baut einen Druck auf, der die Situation noch mehr belastet. Wenn es den Eltern hingegen gelingt, auch mal hinzunehmen, wenn ein Kind ein paar Nächte nicht so gut schläft, ist das sehr hilfreich, weil es diesen Teufelskreis unterbrechen kann“, sagt der Kinderarzt.

Doch auch bei dem Training brauchen die Eltern gute Nerven und Geduld. „Sie müssen auch umlernen, zum Beispiel nachts das Kind nicht immer automatisch auf den Arm nehmen, wenn es aufwacht, sondern es in seinem Bettchen beruhigen und dann das Kinderzimmer wieder verlassen. Das kann man lernen, aber es dauert und man muss es auch eine Zeit lang durchhalten“, sagt Eichler.

Wer an dem Elterntraining teilnehmen möchte, wende sich bitte an das Altonaer Kinderkrankenhaus; Frau Jahncke, Tel. 88908270.