Im Tierversuch erhöhte sich die Zahl der Helferzellen

Berlin. Der menschliche Darm beherbergt im Durchschnitt mehr als 150 verschiedene Bakterienarten. Das haben Ergebnisse des humanen Mikrobiomprojekts gezeigt, einer Art Volkszählung aller Mikroorganismen im menschlichen Körper. Zusammen bringen es die mikroskopisch kleinen Untermieter in unserem Darm auf ein Gewicht von bis zu zwei Kilogramm. Er bietet den Mikroorganismen viel Platz. Könnte man das Verdauungsorgan ausbreiten, käme es auf eine Größe von 200 Quadratmetern. Als Gegenleistung für die komfortable Unterbringung beteiligen sich viele der Bakterienarten an der Nahrungsverdauung. Sie zerlegen den Speisebrei und machen die Nahrung für den Körper verwertbar.

Die gesundheitliche Unterstützung durch die Darmbakterien geht aber noch viel weiter, wie nun zwei verschiedene Forscherteams herausgefunden haben. Danach steigert eine gesunde Darmflora auch die Wirksamkeit bestimmter Krebstherapien – zumindest im Tierversuch. Wie die Gruppe um Sophie Viaud am Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale in Paris in der Fachzeitschrift „Science“ berichtet, verändert sich unter der Gabe des immunstimulierenden Krebsmittels Cyclophosphamid die Bakterienflora im Dünndarm. Wurde das Mittel Mäusen verabreicht, die an Tumoren erkrankt waren, bewirkte es, dass sich bestimmte Bakterien im Lymphsystem des Darms sammelten. Die eingewanderten Bakterien stimulierten dort die Bildung von Helferzellen, die wiederum Krebszellen abwehren.

Auch wenn die Ergebnisse beim Menschen noch bestätigt werden müssen, ziehen die Forscher schon jetzt Schlussfolgerungen: „Unsere Untersuchung enthüllt den großen Einfluss der Darmflora auf ein Medikament der Krebstherapie und die Risiken, die mit der Gabe von Antibiotika während der Krebstherapie verbunden sind.“

Auf einen ähnlichen Zusammenhang bei anderen in der Krebsbehandlung eingesetzten Mitteln waren auch US-Forscher um Noriho Iida am National Cancer Institute in Bethesda gestoßen. Wie sie ebenfalls in „Science“ berichten, wirken bestimmte Formen der immunstimulierenden Krebstherapie bei einer Störung der Darmflora, etwa durch den Einsatz von Antibiotika, schlechter. Weil auch diese Erkenntnisse am Tiermodell gewonnen wurden, müssen weitere Untersuchungen klären, ob dies auch beim Menschen zutrifft.