Eine Frau wurde mit heftigem Fieber und einer Infektion der Lunge in der Klinik behandelt

Taipeh. Die Familie der menschlichen Influenzaviren hat ein neues Mitglied: H6N1. Das Virus war bisher nur als Influenzavirus bei Vögeln bekannt. Im Fachjournal „Lancet Respiratory Medicine“ berichten Forscher vom Taiwan Centers for Disease Control in Taipeh von einer sonst gesunden 20 Jahre alten Frau, die am 5. Mai mit plötzlichem hohen Fieber ins Krankenhaus kam. Am folgenden Tag wurde sie nach Hause geschickt, da ihr Fieber gesunken war. Am nächsten Tag bekam die Frau wieder Fieber, ging erneut ins Krankenhaus und wurde wieder nach Hause geschickt. An diesem Abend aber bekam sie plötzlich keine Luft mehr. Ärzte in der Klinik machten Röntgenaufnahmen ihres Brustkorbs. Darin zeigte sich eine Infektion der unteren Atemwege. In einem Abstrich konnten indes weder Erreger für Lungenentzündungen noch bekannte Influenzaviren nachgewiesen werden. Doch am Seuchenschutzzentrum in Taipeh war man alarmiert. Denn die Erreger, die die junge Frau krankgemacht hatten, waren H6N1-Viren. Die waren bislang nur von Vögeln bekannt; in Taiwan erkranken seit 1997 immer wieder Hühner und anderes Geflügel an dieser Virusvariante. Genanalysen zeigten, dass die Viren sich offenbar in ihrem genetischen Code an das Überleben in Menschen angepasst hatten.

Die Forscher in Taipeh untersuchten Kontaktpersonen der jungen Frau. Von 36 Menschen waren sechs ebenfalls fieberkrank – aber bei keinem konnte H6N1 nachgewiesen werden. Auch in einer Familie aus der Nachbarschaft, die 60 Enten, Hühner und Gänse hielt, war niemand infiziert. Somit können die Forscher nur beobachten, ob weitere H6N1-Fälle auftauchen oder ob die Frau ein seltener Einzelfall war. Wer ein Kürzel aus zwei Zahlen, einem H und einem N, liest, weiß sofort: Es geht um Grippe. Im Jahr 2009 sorgte die Schweinegrippe H1N1 weltweit für große Aufregung.