Wenn Kraftwerksbetreiber in emissionsarme Technik investieren, schonen sie die Umwelt – und handeln ökonomisch sinnvoll

Hamburg. Seit der Einführung des Europäischen Emissionshandels hat Kohlendioxid (CO2) einen Preis: Unternehmen mit besonders hohem Ausstoß müssen Emissionszertifikate kaufen, also das Recht, CO2 zu emittieren. Klimafreundliche Unternehmen können Zertifikate verkaufen und so Mehreinnahmen erwirtschaften.

Aber ändert sich durch den Emissionshandel überhaupt etwas für die Unternehmen? In der Theorie sollen CO2-Zertifikate einen Anreiz zu klimaschonender Produktion bieten. Das funktioniert aber nur, wenn sie sich als Gewinne oder Verluste bemerkbar machen. Sind Emissionsrechte zu billig, geht der Anreiz verloren. Problematisch ist es auch, wenn Firmen ihre höheren CO2-Kosten einfach an die Verbraucher weiterreichen. Den Preis für zu hohe Emissionen zahlen dann die Kunden. Dies ist in der Energiebranche der Fall, wie Studien gezeigt haben.

Am KlimaCampus haben mein Kollege Nicolas Koch und ich untersucht, ob CO2- Emissionen dennoch den Wert von Energieunternehmen beeinflussen. Anders als die jährlich veröffentlichten Bilanzen spiegelt der Unternehmenswert auch Erwartungen für die Zukunft wider. Ist das Unternehmen für kommende Herausforderungen – etwa aus der Klimapolitik – gewappnet, sind das gute Bedingungen für einen hohen Wert. Um dies zu berechnen, haben wir uns einige große Versorger angesehen: Welchen Strommix produziert das Unternehmen? Kohle, Gas oder Erneuerbare? Wie modern sind seine Kraftwerke? Vor allem hat uns interessiert, ob sich Investitionen in emissionsarme Technologien rechnen würden.

Vor dieser Frage stehen die Stromversorger selber gerade, denn viele Anlagen sind alt und müssen ohnehin modernisiert werden. Da Kraftwerke für eine lange Lebensdauer konzipiert werden und der Neubau teuer ist, müssen Investitionen wohl überlegt sein. Wichtig ist auch, dass künftig weniger Zertifikate kostenlos an Firmen verteilt und mehr Zertifikate versteigert werden. Abgeschafft werden soll das „grandfathering“: Wie viele kostenlose Zertifikate ein Unternehmen erhält, wird dann nicht mehr anhand seiner früheren Emissionen berechnet. Grundlage sind dann vielmehr CO2-Einsparungen, die das Unternehmen mit klimaschonender Technologie erreichen könnte. Beides wird dazu führen, dass CO2-Zertifikate teurer werden.

In unserer Studie haben wir Daten aus mehr als 450 Kraftwerken analysiert und zwei Szenarien durchgespielt: Was passiert, wenn Versorger ihre alten Anlagen durch Anlagen desselben Typs ersetzen? Was, wenn sie stattdessen in emissionsarme Technologien investieren? Berechnungsgrundlage waren die selbst gesteckten Emissionsziele der Unternehmen. In beide Szenarien haben wir weitere Faktoren einbezogen, etwa die Lebensdauer der Anlagen und Wachstumsraten bei CO2-Preisen. Ergebnis: Der Unternehmenswert leidet eindeutig unter zu hohen Emissionen. 2020 werden Firmen, die ihre Emissionsziele ernst nehmen, bis zu 26 Prozent mehr wert sein als bei ungebremster Emission. Verantwortlich ist die zu erwartende Preisentwicklung für CO2-Zertifikate. Das heißt: Investitionen in emissionsarme Stromproduktion sind klimaschonend und ökonomisch sinnvoll. Voraussetzung ist, dass die gesetzlichen Vorgaben stabil bleiben.

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