Technische Neuerungen ermöglichen bei einer Darmspiegelung fast einen Rundum-Blick

Hamburg. Der Blick ins Innere des Körpers mithilfe einer Spiegelung eröffnet den Ärzten auch immer mehr therapeutische Möglichkeiten. Was alles möglich ist, zeigen Endoskopiespezialisten an diesem Wochenende in Hamburg beim Endo Club Nord. An diesem weltweit größten Endoskopie-Kongress nehmen rund 2500 Experten teil. Rund 30 Eingriffe werden live aus dem Universitätsklinikum Eppendorf und den Asklepios-Kliniken Barmbek und Altona auf eine Leinwand im CCH übertragen.

Für Aufsehen sorgt eine neue Generation von Geräten für die Darmspiegelung, die jetzt einen erweiterten Blickwinkel haben. „Die bisherigen Geräte haben einen Blickwinkel von 170 Grad. Die neuen Koloskope können dank kleiner Kameras, die zur Seite und nach hinten schauen, einen Blickwinkel von bis zu 330 Grad abdecken“, sagt Prof. Friedrich Hagenmüller, Kongresspräsident und Chefarzt der Gastroenterologie an der Asklepios Klinik Altona.

Damit lassen sich jetzt auch Tumoren aufspüren, die sich hinter Schleimhautfalten im Dickdarm verstecken. „Es werden schätzungsweise zehn Prozent aller Auffälligkeiten übersehen, weil sie hinter einer solchen Falte liegen“, sagt Hagenmüller. Er ist davon überzeugt, dass sich diese Neuentwicklung auch am Markt durchsetzen und eines Tages die heutige Darmspiegelung ersetzen wird.

Auf dem Programm stehen auch Entfernungen von bösartigen Tumoren im Magen-Darm-Trakt per Endoskopie. „Damit können Tumoren entfernt werden, die auf die Schleimhaut begrenzt sind oder die darunter liegende Schicht der Darmwand bis zu einem Drittel befallen haben“, sagt Prof. Hagenmüller.

Die Bauchspeicheldrüse wird durch Ultraschall vom Darm aus untersucht

Gezeigt werden auch Ultraschalluntersuchungen der Bauchspeicheldrüse, die über ein Endoskop mithilfe einer zusätzlichen Vorrichtung vom Darm aus vorgenommen werden. „Das hat den Vorteil, dass man sehr nah an die Bauchspeicheldrüse herankommt und somit die Strukturen im Ultraschall viel besser sehen kann als von außen, weil die Drüse im hinteren Teil des Körpers hinter dem Magen und dem Darm liegt“, erklärt Hagenmüller.

Ein weiteres Thema des Kongresses sind sogenannte Autoimmunerkrankungen (Krankheiten, bei denen das Abwehrsystem körpereigenes Gewebe angreift) der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse. „Sie sind Tumoren in diesen Orangen zum Verwechseln ähnlich und nur anhand bestimmter Kriterien davon zu unterscheiden“, sagt Hagenmüller. Dieser Punkt werde ausführlich erörtert, damit es bei solchen Erkrankungen nicht zu falschen Diagnosen einer Krebserkrankung und einer entsprechenden Übertherapie komme.

Ein spannender Programmpunkt des Kongresses ist eine Podiumsdiskussion, bei der Spezialisten sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die moderne Endoskopie die Untersuchung von Gewebeproben durch Pathologen überflüssig macht – eine Standardmethode bei der Diagnostik von Tumoren. „Ich bin der Meinung, dass die heutige Endoskopie mit ihrer technischen Ausstattung, der Möglichkeit bis zu einer tausendfachen Vergrößerung und dem Vorteil, dass lebende Zellen beurteilt werden, einer feingeweblichen Untersuchung von Gewebeproben durch den Pathologen mindestens gleichwertig ist“, sagt Hagenmüller.