Göttingen. Carl Friedrich Gauß (1777–1855) war ein überragender Wissenschaftler seiner Zeit, an den heute weit mehr als nur die Gaußsche Normalverteilung erinnert. Jetzt haben jedoch Untersuchungen ergeben, dass das in einer Sammlung der Universitätsmedizin Göttingen archivierte Gehirnpräparat mit dem Etikett „C. F. Gauss“ gar nicht dem Mathematiker, Astronomen und Physiker gehörte. Sondern dem Göttinger Mediziner Conrad Heinrich Fuchs. Beide Gehirne seien vertauscht worden, und das vermutlich bereits bald nach beider Tod im Jahr 1855. Zu diesem überraschenden Schluss ist Renate Schweizer, Neurowissenschaftlerin an der Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, gekommen.

Die Biologin und Psychologin hatte am Gauß-Gehirn eine seltene anatomische Variation vermutet: eine sichtbare Zweiteilung der Zentralfurche. Auf MRT-Bildern des vermeintlichen Gauß-Gehirns von 1998 hatte sie diese Zweiteilung entdeckt. Auf Abbildungen von Rudolf Wagner, einem Göttinger Anatomen und Freund von Gauß, der in den 1860er-Jahren die Gehirne von Gauß und Fuchs präpariert hatte, fand Schweizer die zweigeteilte Zentralfurche jedoch bei Fuchs’ Gehirn wieder.

Nun lagern die Gehirne richtig beschriftet in der Sammlung. Die Göttinger Forscher betonen, dass sie nicht nach dem Genie in den Hirnwindungen suchen. Für sie stehe die langfristige Dokumentation im Vordergrund, um eine Basis für weitergehende Grundlagenforschung zu schaffen.