Hamburger Universitäten und der Energieversorger E.on Hanse starten Forschungsprojekt in Reitbrook. Die Biomasse könnte für die Gewinnung von Biogas oder auch für Kraftstoffe verwendet werden.

Hamburg. Seit 2007 forschen der Energieversorger E.on Hanse und die Technische Universität Hamburg mit Erfolg daran, auf dem E.on-Gelände in Hamburg-Reitbrook Mikroalgen in einer Reaktoranlage unter freiem Himmel zu züchten. Nun soll in einem weiteren Forschungsprojekt unter anderem Kraftstoff aus Algen-Biomasse gewonnen werden. Der Bund, E.on Hanse und neben der TU Hamburg auch die Universitäten Hamburg und Erlangen sowie die Busan National Universität (Südkorea) sind beteiligt. Zwei Millionen Euro Forschungsgeld stehen zur Verfügung. Nils Wieczorek von der Technischen Universität wird das Projekt „Algen-Raffinerie“ entwickeln und darüber in drei Jahren seine Doktorarbeit vorlegen.

In der TU in Harburg stellten gestern Professorin Kerstin Kuchta, Dr. Johannes Harpenau, E.on-Hanse Personalvorstand Udo Bottländer und Dipl.-Ing. Thomas Brauer, der Algen-Projektleiter von E.on-Hanse, das neue Forschungsvorhaben vor, das zu einem Hoffnungsträger der Energiewende werden kann. Brauer: „Mit unserer Reaktoranlage in Reitbrook haben wir weltweit einmalig eine Anlage in Betrieb, die unter freiem Himmel, außerhalb von Labors, Mikroalgen produziert. Algen bestehen aus Kohlehydraten, Eiweiß und Fetten. Auf der Fläche eines Maisfeldes könnte in späterem, kommerziellem Betrieb mit Algen die zehnfache Menge an Biomasse erzeugt werden als durch Maisanbau.“ Die Forschungsanlage in Reitbrook beweist, dass Algen unter freiem Himmel im Fotosynthese-Reaktor unter Zugabe von Phosphat und Kohlendioxid (Abgas aus einem Blockheizkraftwerk) wachsen. Brauer: „Norddeutschland bietet nicht die besten Voraussetzungen an Licht und Wärme. Die Algen wachsen von April bis Ende Oktober. Wir ernten in der Versuchsanlage zwischen 50 und 100 Kilogramm Biomasse pro Jahr.“ Großtechnisch sei alles drin.

Verlockende Aussichten: Die aus Algen erzeugte Biomasse könnte für die Gewinnung von Biogas oder auch für Kraftstoffe wie Biodiesel, Benzin oder auch Flugbenzin verwendet werden. Die Forschungsarbeit im Projekt „Algenraffinerie“ von Nils Wieczorek soll die technischen Notwendigkeiten ermitteln. Thomas Brauer kann sich vorstellen, dass Deutschland durch Energieerzeugung aus Algen, durch herkömmliche landwirtschaftliche Biogaserzeugung, der Umwandlung von elektrischer Energie aus Wind- und Solarstrom in Wasserstoff und Bio-Erdgas (Projekt Power to Gas) in Zukunft unabhängig werden kann vom Energieimport. Udo Bottländer (E.on) erklärt, dass in Reitbrook auch eine Power-to-Gas Anlage entstehen soll.

Prof. Kerstin Kuchta: „Die Algen-Biomasse lässt sich nicht nur für Energieerzeugung nutzen, damit lassen sich Edelmetalle recyceln. Ebenso ist sie wegen antiviraler Substanzen für Arzneimittelherstellung von Bedeutung. Das Algen-Bioraffinerie-Konzept ist ein Baustein im Kompetenzfeld Green Technologies der TU Hamburg.“