UKE-Forscher klären die Rolle eines Moleküls – ein erster Ansatz für eine Therapie

Hamburg. Bei dem Wort Entzündungen denken viele Menschen an eine Infektion durch Bakterien oder Viren. Die Reaktionen des Immunsystems spielen jedoch auch nach einem Schlaganfall eine wichtige Rolle. Das Ausmaß entscheidet mit, wie stark das Gehirngewebe in der Folge anschwillt, sich also ein Hirnödem bildet. Je nach Stelle des Schlaganfalls und Ausdehnung des Ödems kann es zu starken Beeinträchtigungen des Patienten kommen, unter Umständen mit Todesfolge. Forscher vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) haben nun in Tierexperimenten ein Molekül identifiziert, das diese Entzündungsreaktionen beeinflusst. Andrea Kristina Horst und Tim Magnus leiteten die Studie, die im Fachjournal „Circulation Research“ veröffentlicht wird.

Schätzungen zufolge erleiden jährlich 250.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Bei der Mehrzahl wird er durch ein Gerinnsel verursacht, das ein Hirngefäß verstopft. „Durch den Mangel an Sauerstoff geht das Gewebe zugrunde und Entzündungszellen kommen herbei, um das kaputte Gewebe zu reparieren“, sagt Horst. Zu diesen Zellen gehören neutrophile Granulozyten, eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen. „Kommt die Durchblutung im Gehirn durch eine Therapie wieder in Gang, dann reisen noch mehr dieser Neutrophilen an.“ Das Problem sei jedoch: „Diese weißen Blutkörperchen stellen bestimmte Eiweiße und Enzyme her, die erst einmal noch mehr Gewebe angreifen – um es im Anschluss wieder aufbauen zu können.“ Dadurch werde auch eine Zellschicht zerstört, die das Gehirn vor Immunzellen, schädlichen Stoffen und anderen Eindringlingen schützen soll: Die sogenannte Blut-Hirn-Schranke. „Wenn diese Schranke fällt, dann schwillt das Gehirn immer weiter an.“ Die Idee sei, etwas zu finden, das die Schwellung aufhält.

Für ihre Forschung nahmen die UKE-Wissenschaftler das Molekül „CEACAM1“ unter die Lupe, das verstärkt auf neutrophilen Granulozyten vorkommt und sie beim Kampf gegen Bakterien unterstützt. Die Forscher verursachten bei Mäusen, die dieses Molekül nicht bilden, Schlaganfälle und verglichen sie mit „normalen“ Mäusen. „Die Folge war, dass die Tiere ohne CEACAM1 einen größeren Gewebeschaden erlitten und die Entzündung außer Kontrolle geriet“, sagt Horst.

In Experimenten wiesen die Forscher nach, dass CEACAM1 die Ausschüttung eines Eiweißes unterdrückt, das am zerstörerischen Gewebe-Abbau beteiligt ist. „CEACAM1 ist der erste Regulator, den wir kennen, der die Ödembildung einschränken kann, und er ist bei allen Menschen vorhanden. Damit haben wir etwas mehr davon verstanden, wie sich solche Ödeme im Gehirn nach einem Schlaganfall bilden.“