Zwei Varianten der Technik haben sich im Markt etabliert. Die Polarisation bietet mehr Komfort, doch Forscher wollen weg vom Brillenzwang.

Berlin. Am Freitag hat die Internationale Funkausstellung (Ifa) ihre Pforten geöffnet. Vor drei Jahren war erstmals die Dreidimensionalität beim Fernsehen ein Thema auf der Ifa. Für Stereo-3-D-Filme sind zwei Kameras erforderlich, die seitlich versetzte Bilder aufnehmen. Diese beiden Bilder werden auf einem einzigen Bildschirm wiedergegeben und müssen in zwei Bildinformationen auflöst werden. Unser Gehirn verarbeitet die beiden unterschiedlichen Bilder zu einem räumlichen Eindruck.

Möglich macht dies die Shuttertechnik, bei der auf dem Fernseher die Bilder für das rechte und linke Auge hintereinander erscheinen, meistens 120-mal pro Sekunde, manchmal auch 150-mal. Eine schnell schaltende (shutternde) Flüssigkristallbrille lässt dann dem linken Auge nur das linke und dem rechten Auge nur das rechte Bild zukommen, und das dann 60- oder 75-mal pro Sekunde. Dabei wird das andere LCD-Glas jeweils dunkel gesteuert, synchronisiert vom 3-D-Fernseher via Infrarotimpulse oder Bluetooth. Bei der Auflösung gibt es bei der Technik keine Abstriche, nur erscheint das Gesamtbild etwas dunkler.

Die Brillen haben allerdings einige Nachteile. Tageslicht oder andere helle Lichtquellen im Raum führen zu störendem Flackern. „Bei unserer bisherigen 9er-Serie konnte gewählt werden – 3-D flimmerfrei mit 75 Hz bei schwierigen Sehbedingungen oder normal 60 Hz für hellere Bilder“, sagt Georg Wilde von TP Vision (Philips). Doch diese Technik läuft nun aus. Sie wird ersetzt durch sogenannte 4K-Geräte mit Polarisation. Mit „4K“ werden hoch aufgelöste Bilder mit 3840 x 2160 Pixeln bezeichnet.

Für das Gehirn kann es zudem anstrengend sein, wenn die Augen im schnellen Wechsel ein Schwarz- und ein TV-Bild erkennen und verarbeiten müssen. Daher haben einige Menschen Probleme mit den „geblitzten“ Bildern. Überdies benötigen die Brillen Strom, den entweder Knopfzellen oder kleinen Akkus liefern. Für Brillenträger gibt es Vorsatzmöglichkeiten.

Kompatibel sind die 3-D-Brillen untereinander meist nicht. Daher sollte der Nachkauf eine Originalbrille sein. Immerhin haben sich Panasonic, Samsung, Sony und Xpand auf einen gemeinsamen Standard geeinigt. Nachteile sind auch das Gewicht und der noch immer recht hohe Preis der Brillen. Doch gibt es für den Blick in die dritte Dimension auch eine „Light“-Version, die inzwischen eine hohe Akzeptanz gefunden hat: die von LG vorangetriebene Polarisationstechnik. Dabei erscheinen beide Bilder nicht hintereinander, sondern zeitgleich auf dem Fernseher, und zwar nach Zeilen alternierend: Für das linke Bild werden die Zeilen mit ungeraden Zahlen genommen, für das rechte die geradzahligen.

Das wird mit einer Polarisationsfolie gemacht, die pixelgenau auf die Oberfläche der LCD-Bildschirme aufgebracht wird. „Wir verwenden die zirkulare Polarisation, einmal rechts- und dann linksdrehend, damit man beim Zuschauen keine Einschränkungen hat und den Kopf mal seitlich neigen kann“, erklärt Alexander Krüger, Produktmanager von LG Electronics, „durch die Polarisationstechnik erreichen wir zwar nur die halbe vertikale Auflösung, also 540 statt 1080 Zeilen. Doch der 3-D-Effekt überdeckt das.“ Polarisationsbrillen sind sehr preiswert – bis auf Luxusmodelle, etwa von Alain Mikli. Mit deutlich mehr als 100 Euro überflügeln sie bisweilen die Shutter-Modelle.

Polarisationsbrillen sind recht simpel aufgebaut: Sie haben zwei polarisierte Plastikscheiben, brauchen keine Elektronik und keine Energieversorgung. Beide Augen werden gleichzeitig bedient, daher gibt es keine Dunkelphasen und auch kein Flimmern, was sehr angenehm ist. Plasma-Fernseher können jedoch nur die „aktive 3-D-Technik“, also die Shuttertechnik nutzen, weil das austretende Licht – anders als bei LCDs – schon polarisiert ist. Doch die Plasma-Technik scheint ins Abseits zu laufen: Die langsam marktreif werdende OLED-Technik (organische Leuchtdioden) könnte die technologische Nachfolgeschaft der Plasma-Displays antreten. Denn letztere haben hierzulande vor allem wegen ihres höheren Strombedarfs keinen so guten Ruf.

Die 3-D-Technik gehört heute bereits zur Regelausstattung moderner Fernsehgeräte, zumindest im mittleren und oberen Preissegment. 52 Prozent aller verkauften Fernseher tragen heute ein 3-D-Logo. Bei LG liegt der Anteil bei rund 65 Prozent aller Modelle, bei Philips bei etwa 75 Prozent. Während LG bei LCD-Fernsehern gar keine Shuttertechnik bietet, shuttert Samsung ausschließlich und macht um die Polarisationstechnik einen großen Bogen. Bei Philips ist der Trend deutlich: 70 Prozent der Gerätemodelle sind Easy 3-D mit Polarisationstechnik und nur noch 30 Prozent 3-D Max mit Shuttertechnik.

Insgesamt stehen derzeit laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 6,15 Millionen 3-D-Fernseher in deutschen Wohnungen, 4,6 Millionen mit Shutter- und 1,64 Millionen mit Polarisationstechnik. Aber 3-D gibt es nicht nur beim Fernsehen. So sind mittlerweile auch 2,2 Millionen 3-D-Blu-Ray-Player und 749.000 AV-Receiver im Einsatz. Hinzu kommen 750.100 Heimkino-Anlagen, gut 40.000 3-D-Notebooks, 128.000 3-D-Monitore sowie knapp 2000 3-D-Displays für professionelle Nutzung.

Viele Nutzer kaufen zwar Displays mit 3-D-Möglichkeiten, doch meist, so scheint es, bleiben diese ungenutzt. „Im Oktober 2010 startete Sky 3-D als erster 3-D-Sender in Deutschland und Österreich“, so Moritz Wetter, Mediensprecher Sky Deutschland. Wie viele von den aktuell 3,5 Millionen Sky-Abonnenten 3-D nutzen, wird nicht verraten. Geboten werden Sport, Filme, Dokumentationen und Unterhaltung. Einmal im Monat wird ein Bundesliga-Spiel live gezeigt.

3-D-Inhalte sind auch über Sky Anytime zeitlich flexibel abrufbar. Diverse Angebote, vor allem ausgewählte Highlights, gibt es auch bei Entertain, sofern ein Telekom-VDSL-Anschluss vorhanden ist. „Alle unsere über zwei Millionen Entertain-Kunden können 3-D ohne Zusatzabo empfangen“, erklärt Sprecher Malte Reinhardt. Wie viele das aber tun, bleibt offen. „3D steht noch am Anfang, der Fokus liegt weiterhin auf HD.“

Immer mehr Sender und Netzbetreiber reduzieren als Reaktion darauf ihre 3-D-Aktivitäten. Die Telekom hat bei Entertain ihre Liga total! in 3-D im Juni dieses Jahres nach nur 18 Monaten wieder abgepfiffen. Foxtel in Australien zog am 27. August den Stecker – wegen Mangel an 3-D-Content. Auch die BBC hat Anfang Juli ihre zweijährige 3-D-Testphase beendet, weil es an Zuschauerinteresse mangelte. Nach Angaben des Senders hätte nur knapp die Hälfte der rund 1,5 Millionen 3-D-Haushalte die Technik während der Olympischen Spiele in London genutzt. Nun soll ein 4K-Testbetrieb bessere Ergebnisse bringen.

Dass 3-D nicht so richtig abgehoben hat, liegt laut Ralf Schäfer, Abteilungsleiter Imageprocessing beim Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI), vor allem an dem Brillenzwang. „Der wird nur bei Spielen oder im dunklen 3-D-Kino akzeptiert.“ Aber kaum zu Hause. Deshalb arbeiten die Forscher an Techniken, die ganz ohne Brille auskommen. Die bisherigen Ergebnisse mit brillenloser Technik vermochten nicht so recht zu überzeugen. Toshiba hat ein erstes Gerät (55ZL2G) für 8000 Euro im Handel. Schäfer rechnet mit „Produkten für den Massenmarkt in fünf bis acht Jahren“.

Jetzt steht erst einmal die nächste HDTV-Generation in den Startlöchern, genannt UHD beziehungsweise 4K. SES (Astra), Eutelsat und Sky sind die Hauptplayer beim hochaufgelösten Fernsehen und zeigen auf der Ifa viel 4K-Technik. Private und öffentlich-rechtliche Veranstalter sind nach außen noch UHD-abstinent. Sie wollen erst die Umstellung auf HD in weiteren Programmen und Kanälen erreichen.

Weitere hochaufgelöste Bildquellen sind Blu-Rays ebenso wie Fotokameras und 4K-Camcorder. Zudem kann sowohl SD- als auch HD-Material hochkonvertiert werden. Für Alan Thompson, President Toshiba Europe, ist „4K in den meisten Wohnungen das Maximum, von dem die Leute wirklich etwas haben. Für 8K-Panels, die in Japan angekündigt sind und 7680 x 4320 Pixel aufweisen, gibt es noch keinen Bedarf.“

Eine technische Hürde ist genommen: Bildschirme mit deutlich höherer Auflösung, die zusätzlich mehrere Perspektiven zulassen. Und Techniken, die aus einem stereoskopischen Bild (zwei Halbbilder zum räumlichen Sehen) mehrere Perspektiven ableiten. Ebenfalls am HHI wird an Codiertechniken gearbeitet, um 3-D-Filme in voller Auflösung mit der gleichen Datenrate wie HDTV-Bilder übertragen zu können, mit zehn bis 15 Megabit pro Sekunde. Vieles spricht also dafür, dass die heutige 3-D-Technik in absehbarer Zeit von höher auflösenden 4K-Konkurrenz überholt wird.