Sony und Microsoft bringen in diesem Jahr die Playstation 4 und die neue Xbox One heraus. Bei der Gamescom in Köln gibt es erste Einblicke in die neuen Geräte.

Köln. Laut wummert der Bass in der abgedunkelten Halle 6 der Kölner Messe, Scheinwerfer strahlen einen mehr als acht Meter hohen Roboter an. Als Soldaten kostümierte Fans streifen durch das Halbdunkel. Mit dem Logo „Battlefield 4“ buhlt ein zehn Meter großer Bildschirm um Aufmerksamkeit. Sein Flackerlicht beleuchtet die Gesichter von mehr als 300 Spielern, die in einer mehr als hundert Meter langen Schlange für einen Test des neuesten Egoshooters anstehen. 64 von ihnen können in zwei Teams gegeneinander antreten. Der Hersteller Electronic Arts (EA) hat kurzfristig die Zahl der verfügbaren Testplätze von 150 auf 400 erhöht, dennoch reicht der Platz nicht. An diesem Eröffnungstag der Spielemesse Gamescom in Köln sind offiziell nur Aussteller, Fachbesucher und Presse zugelassen, trotzdem sprengt der Auflauf den bekannten Rahmen.

Den Ansturm verdanken die Kölner dem Wettbewerb von Sony und Microsoft um den Konsolenmarkt. Beide Hersteller bringen in diesem Jahr neue Spielekonsolen heraus. Sonys Playstation 4 soll rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft am 29. November im Laden liegen, Microsoft spricht vage von November als Starttermin für die Xbox One. „Mehr wollen wir noch nicht verraten“, sagt Oliver Kaltner, Microsofts deutscher Manager für Endverbraucher-Produkte. Während Sony in 32 Ländern gleichzeitig startet, beschränkt sich Microsoft entgegen der ersten Ankündigung in diesem Jahr auf 13 Startmärkte, darunter Deutschland.

23 Spieletitel kann Microsoft ankündigen, 34 Sony, beide jeweils ein halbes Dutzend Exklusivtitel. Beide Hersteller versuchen, möglichst viele Spiele allein für ihre Plattform zu gewinnen – solche Exklusivinhalte könnten die Hardcore-Gamer bei ihrer Kaufentscheidung überzeugen. Sony setzt darüber hinaus auf höhere Grafikleistung und selbst entwickelte Spiele, Microsoft buhlt mit der Einbindung der Spieler per Kinect-Gesten und Sprachsteuerung um die Spieleentwickler.

Doch viele Studios spielen beim Wettlauf um Exklusivtitel nicht mit, bringen ihre wichtigsten Neuheiten für beide Konsolen und den PC: Blockbuster wie „Assassins Creed 4", „Battlefield 4", „Fifa 14" oder „Call of Duty" starten plattformübergreifend. Dass die Spiele gleichzeitig für alle Plattformen verfügbar sind, hält EA-Manager Gibeau nicht für einen Nachteil: „Plattformübergreifendes Spielen ist doch gut für die Spieler.“ Auch macht es die Arbeit für die Entwickler leichter. „Da die neue Konsolengeneration Hardware auf PC-Basis einsetzt, ist der Entwicklungsaufwand geringer. Deswegen entscheiden sich die Publisher öfter dafür, ihre Titel gleichzeitig auf allen Spieleplattformen zu bringen“, erklärt Yerli von Crytek.

Marktforscher vermuten einen Rückgang der Konsolen-Verkaufszahlen

Doch für die Hardwareanbieter könnte die Multiplattformstrategie der Studios zum Problem werden, sagen die Experten. Nach dem ersten Hype könnten die neuen Konsolen deutlich stärker als ihre Vorgänger unter der Konkurrenz von Tablets und PCs leiden: „Xbox One und PS4 werden sicher unter den Druck von Tablets und Spiele-PCs kommen. Ich erwarte, dass die Hersteller der neuen Konsolen 30 Prozent weniger Geräte verkaufen werden als von der Vorgängergeneration“, erklärt Steve Bailey von den britischen Marktforschungsspezialisten IHS Electronics.

Um gegen die Konkurrenz der allgegenwärtigen Tablets und der vielen Umsonst-Spiele in den App-Stores von Google und Apple zu bestehen, versuchen die Konsolenhersteller, die Einstiegsschwelle für Neukunden so niedrig wie möglich anzusetzen. Viele Inhalte sollen schon zum Start als billiger Download zur Verfügung stehen, um die Konsolen auch für Gelegenheitsspieler attraktiv zu machen. Dafür umwerben sowohl Sony als auch Microsoft freie Indie-Spieleentwickler, stellen spezielle Softwarewerkzeuge für möglichst einfache Entwicklung zur Verfügung. Sony will neue Entwickler in vierteljährlichen Konferenzen heranziehen, Microsoft sogar zwei Umsonst-Konsolen als Entwicklerplattformen für kleine Studios spendieren.

Die Grafikleistung der Playstation 4 wird von PC-Grafikkarten übertroffen

Doch der größere Druck könnte vom PC kommen: „Speziell in der zweiten Hälfte des Produkt-Lebenszyklus wird der Konsolenmarkt Schwierigkeiten bekommen“, glaubt Steve Bailey. Das Grundproblem liegt in der Hardware der neuen Konsolen begründet: Die Grafikleistung der Radeon Grafik-Einheit in der Playstation 4 von 1,86 Teraflops wird schon jetzt von aktuellen PC-Grafikkarten um das Zweieinhalbfache übertroffen. Die Hardware-Basis für Microsofts Xbox One kommt ebenfalls aus dem PC-Komponentenregal von AMD und fällt noch langsamer aus. AMD-Konkurrent Nvidia zeigt auf der Messe triumphierend, dass seine aktuellen GTX Titan-Grafikkarten auf den kommenden, ultrahoch auflösenden 4k-Flachbildschirmen die Konsolen locker übertreffen. Noch kostet ein mit einer Titan-Grafikkarte ausgestatteter PC fast 2000 Euro – viermal mehr als eine Xbox One. Doch während die Konsolen über den Lebenszyklus von bis zu acht Jahren nicht mehr aufgerüstet werden, holt der PC ständig auf – schon kommendes Jahr dürfte es PCs geben, die die neuen Konsolen mit gleicher Leistung im Preis unterbieten.

Auch die günstigen Tablets werden rasend schnell weiter entwickelt, die neueste Generation der Nvidia-Chips namens Kepler übertrifft in Sachen Grafikleistung bereits die Vorgänger der neuen Konsolen. Ben Berraondo von Nvidia ist sicher: „Die kommenden Mobilplattformen auf Android-Basis, die per Funk an den großen Bildschirm im Wohnzimmer angebunden sind, werden mit ihren billigen Spielen und der einfachen Bedienung der eigentliche Konkurrent der neuen Konsolen.“