Ein Hamburger Modellprojekt setzt bei der Sorge um die Zahngesundheit der Kinder schon während der Schwangerschaft an

Hamburg. Gesunde Zähne schon bei den Kleinsten: In einem bundesweit einzigartigen Modellprojekt wollen die AOK Rheinland/Hamburg, die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hamburg und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) die Zahngesundheit der Kinder in den ersten drei Lebensjahren verbessern.

Hintergrund dieses Modellprojekts sind die alarmierenden Zahlen zum Kariesbefall bei kleinen Kindern. „Vier Prozent aller Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren haben bereits eine behandlungsbedürftige Karies“, sagte Prof. Ursula Platzer, Direktorin der Poliklinik für Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde des UKE, am Mittwoch bei der Vorstellung des Projekts. An einer beginnenden Karies leiden sogar 15 Prozent. Diese Zahlen nahm die AOK zum Anlass, als eines von mehreren Projekten zur Kindergesundheit auch dieses Modellvorhaben auf den Weg zu bringen.

Das Projekt setzt bereits vor der Geburt des Kindes bei den Eltern an. Sie erhalten beim Zahnarzt eine gezielte Beratung über die Risiken von Zahn- und Zahnfleischerkrankungen, eine Entfernung von störenden Zahnbelägen und ein intensives Training für die Pflege ihrer eigenen Zähne.

„Das Bewusstsein der Eltern und ihre Befähigung zu effektiven Reinigungstechniken der Zähne ist die entscheidende Voraussetzung für eine nachhaltige Zahngesundheit ihrer Kinder“, sagte Dr. Eric Banthien, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg. „Wer selbst auf die Gesundheit der eigenen Zähne Wert legt und bei seinen Kindern vom ersten Milchzahn an auf die richtige Zahnpflege achtet, kann sie ein Leben lang vor Karies schützen.“

Nach der Geburt werden die Eltern mit ihrem Kind in weiteren vier Terminen regelmäßig beim Zahnarzt bis zum 30. Lebensmonat weiterbetreut. Der erste Zahnarztbesuch des Kindes steht zwischen dem 6. und 8. Lebensmonat an, wenn die ersten Milchzähne durchbrechen. Dabei werden unter anderem die Zähne des Kindes begutachtet, die Mundhygiene der Eltern kontrolliert und die Eltern über mögliche Übertragungswege von Kariesbakterien aufgeklärt. Denn Karies sei seiner Meinung nach eine Infektionskrankheit, auch wenn es Kollegen gebe, die dazu eine andere Auffassung hätten, sagte Banthien. Außerdem erhalten die Eltern auch eine Anleitung zur Pflege der Milchzähne ihres Kindes. Im Alter von zehn bis zwölf Monaten werden die Zähne des Kindes erneut kontrolliert, und bei Bedarf wird die Aufklärung wiederholt. Nach Durchbruch der ersten Milchbackenzähne zwischen dem 16. und 18. Lebensmonat erfolgt eine weitere Untersuchung.

In einer Untersuchung vom 30.Lebensmonat werden nochmals die Zähne von Eltern und Kind untersucht und weitere Tipps zur Zahnpflege gegeben. Bei diesem abschließendem Besuch findet dann auch die erste der drei gesetzlichen Früherkennungsuntersuchungen beim Kind statt, die bis zum Alter von sechs Jahren Regelleistungen der Krankenkassen sind.

Die tatkräftige Unterstützung der Eltern beim Zähneputzen brauchen die Kinder noch bis zum neunten Lebensjahr. Bis dahin müssen Eltern die Zähne ihrer Sprösslinge noch nachputzen, weil die Geschicklichkeit und Konzentration der Kleinen noch nicht ausreicht, um wirklich alle Zahnflächen gründlich zu reinigen und mit der Zahnbürste bis in den letzten Winkel zu kommen.

Teilnehmen an dem Projekt können Versicherte der AOK Rheinland/Hamburg, die ein Kind erwarten oder bereits ein Kind haben, das nicht älter als ein Jahr ist, wenn es in das Projekt aufgenommen wird.

Und auch die Ärzte in der Hansestadt sind gefragt. „Die Kassenzahnärzte in Hamburg haben jetzt die Möglichkeit, sich in das Modellvorhaben einzuschreiben“, sagte Thomas Bott, stellvertretender Regionaldirektor der AOK in Hamburg. Voraussetzung ist die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung vom UKE, die mit einem Zertifikat abgeschlossen wird. In einer großen Veranstaltung wurden sie am Mittwoch über das Vorhaben informiert. Wissenschaftlich begleitet und ausgewertet wird das Modellprojekt von der UKE-Poliklinik für Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde.

Die Initiatoren wollen jetzt möglichst viele Eltern auf das Projekt aufmerksam machen und setzen dabei auch auf die Unterstützung von Kinderärzten und Gynäkologen. „Wir hoffen, dass wir zehn bis 15 Prozent all derjenigen, die dafür infrage kommen, erreichen können“, sagte Bott. Das Projekt soll bis 2017 laufen und ist für 500 Kinder und deren Eltern vorgesehen.

Die Vergütung der Zahnärzte für diese Leistungen erfolgt außerhalb der gedeckelten Budgets. Die Kosten werden bis zum Abschluss des Projekts bei insgesamt 300.000 Euro liegen, schätzte Bott.