Das Genom einer winzigen Kalkalge, der Baumeisterin von Kreidefelsen, ist extrem anpassungsfähig

Bremerhaven. Ihr Panzer aus dünnen Kalkschilden erinnert an einen Fußball. Doch Emiliania huxleyi ist gerade einmal fünf Tausendstel Millimeter groß. Kaum vorstellbar, dass Kalkalgen wie sie so Gewaltiges wie die Kreidefelsen von Rügen oder Dover (England) erschaffen haben. Beide Naturwunder sind nichts anderes als riesige Kalkschuppen-Halden solcher Algen. Forscher des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven haben jetzt gemeinsam mit internationalen Kollegen das Genom von „Ehux“, wie sie ihr Studienobjekt liebevoll nennen, entschlüsselt. Und damit Erklärungen für die enorme Anpassungsfähigkeit und die weite Verbreitung des Einzellers gefunden.

Wie die Forscher in einer Online-Vorabveröffentlichung des Fachmagazins „Nature“ berichten, punktet die Mikroalge mit genetischer Vielfalt. Sie besitzt ein besonders großes sogenanntes Pan-Genom. Das heißt, die Einzeller teilen nur einen gewissen Stammsatz identischer Erbinformationen miteinander. Der Rest des Genpools variiert stark und hängt vom Ort und den jeweiligen Lebensbedingungen der Algen ab. Die Kalkalge ist die erste Alge, bei der Forscher diese Besonderheit nachweisen konnten.

Ohne „Ehux“ wäre es vermutlich auch deutlich wärmer auf der Erde. „Die kalkbildenden Mikroalgen wirken dem Klimawandel entgegen. Durch ihre Fotosynthese und beim Bau ihrer Kalkschuppen entziehen sie der Atmosphäre erhebliche Mengen Kohlenstoff und binden diesen“, sagt Uwe John vom AWI.

Ihn und seine Kollegen begeistert die Mikroalge jedoch vor allem mit einer weiteren Eigenschaft: „Ehux kann sich an nahezu alle Lebensbedingungen anpassen. Sie kommt in fast allen Regionen der Ozeane vor – in Äquatornähe ebenso wie in kühleren Breiten, auch bei uns in der Nordsee.“