Fast jeder dritte Schlaganfall wird durch Vorhofflimmern verursacht. Experten informieren in Hamburg über neue Medikamente und Therapien.

Hamburg. Der Schlaganfall gehört zu den großen Volkskrankheiten unserer Zeit. Jedes Jahr erleiden laut der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe etwa 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Mehr als 37 Prozent der Betroffenen sterben an den Folgen innerhalb eines Jahres. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, gehören zu den Hauptrisikofaktoren nicht nur hoher Blutdruck, Übergewicht und Rauchen, sondern auch Herzrhythmusstörungen: 30 Prozent der Schlaganfälle werden dadurch verursacht, vor allem durch das Vorhofflimmern. Dabei gerät der Herzrhythmus aus dem Takt, weil sich die beiden Herzvorhöfe viel zu schnell und unregelmäßig zusammenziehen. Dadurch können sich im Herzvorhof Blutgerinnsel bilden, die dann mit dem Blutstrom ins Gehirn geschwemmt werden, dort eine Arterie verstopfen und so einen Schlaganfall verursachen.

Weil das Vorhofflimmern durch neue Studien als Risikofaktor deutlich an Bedeutung gewonnen hat, steht es im Mittelpunkt des diesjährigen Herz- und Schlaganfalltages, der in Hamburg am 17. Mai stattfindet. Bei dieser kostenlosen Veranstaltung informieren Hamburger Experten über die jüngsten Erkenntnisse zum Schlaganfall und zum Vorhofflimmern.

Um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern, erhalten Patienten mit Vorhofflimmern Medikamente, die das Blut verdünnen. „Seit ein paar Wochen ist das dritte Medikament auf dem Markt, das zur Blutverdünnung und als Alternative zu Marcumar eingesetzt werden kann“, sagt Prof. Joachim Röther, Chefarzt der Neurologie in der Asklepios-Klinik Altona und einer der Initiatoren der Veranstaltung. Viele Patienten nähmen das Marcumar aufgrund der Nebenwirkungen und aus Angst vor Blutungen nicht, obwohl sie es dringend bräuchten.

Mit den neuen Medikamenten stünden nun Alternativen zur Verfügung, die den Schlaganfall besser verhindern und sogar mit einem deutlich erniedrigten Blutungsrisiko – vor allem im Gehirn – einhergehen. Alle drei Medikamente verdünnen bei Patienten mit Vorhofflimmern das Blut und verhindern so die Bildung von Blutgerinnseln. Sie können damit das Schlaganfallrisiko um 70 Prozent senken.

Neu und noch in der Erprobung ist auch eine Methode, die ein Vorhofflimmern schon im Anfangsstadium nachweisen soll. Es gibt die Möglichkeit, einen sogenannten Ereignisrekorder unter die Haut des Patienten zu implantieren. Er ist etwa so groß wie ein USB-Stick und zeichnet über einen Zeitraum von drei Jahren die Herzströme auf. „Die Herzaktion kann dann regelmäßig kontrolliert werden, denn der Patient kann zu Hause den Rekorder mit einem kleinen Gerät auslesen und die Daten per Telefon zur Auswertung in die Praxis des Herzspezialisten schicken“, erklärt Röther.

Ein solches Gerät würde man möglicherweise in Zukunft bei Patienten einsetzen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, aber bei denen die Ursache nicht klar ist. „Denn das Tückische ist, dass die Betroffenen gerade in der Anfangsphase das Vorhofflimmern nicht permanent haben. Es kann nur für wenige Minuten auftreten und dann wieder für eine Woche verschwinden, sodass die Betroffenen es gar nicht bemerken. Trotzdem haben diese Patienten ein genauso hohes Schlaganfallrisiko wie diejenigen, die permanent Vorhofflimmern haben, weil sich auch dabei schon Blutgerinnsel in den Herzvorhöfen bilden können“, sagt der Neurologe.

90 Prozent dieser Blutgerinnsel entstehen im sogenannten Vorhofohr, einem kleinen Anhängsel des Herzvorhofs. Jetzt gibt es eine neue Therapie, bei der man dieses Ohr mithilfe eines Katheters und eines Stopfens verschließt. Dieser Vorhofohrverschluss verhindert so, dass sich weitere Blutgerinnsel bilden.

Kommt es zu einem Verschluss einer Hirnarterie, gibt es eine neue Form der Therapie, einen sogenannten Stent Retriever. „Das ist ein kleiner Mikrokatheter mit einem Stent, der bis zum Verschluss in der Hirnarterie vorgeschoben und in dem Thrombus entfaltet wird. Das Blutgerinnsel ist in diesem Stent, der sich an die Gefäßwand anlegt, gefangen und kann dann mit einem Absaugkatheter entfernt werden“, sagt Röther. Diese Methode wird vor allem bei Patienten eingesetzt, die sehr große Thromben in den Hirnarterien haben, wie sie insbesondere beim Vorhofflimmern entstehen.

In solchen Fällen reicht dann die übliche medikamentöse Therapie, die zum Ziel hat, das Blutgerinnsel in der Hirnarterie aufzulösen, nicht aus. Diese sogenannte Lysetherapie ist dann am erfolgreichsten, wenn sie möglichst schnell nach einem Schlaganfall eingesetzt wird. Deswegen ist es auch so wichtig, dass die Patienten so schnell wie möglich in Krankenhäuser mit speziellen Schlaganfallstationen gebracht werden.

Mittlerweile gibt es mehrere Methoden, mit denen man bestimmen kann, wann ein Schlaganfall stattgefunden hat. „Das ist zum Beispiel wichtig bei Patienten, die morgens zu Hause mit einem Schlaganfall aufwachen. Denn wenn das Zeitfenster unklar ist, muss rasch eine Entscheidung getroffen werden, ob eine Lysetherapie noch sinnvoll ist oder nicht. Hierbei hilft das Schlaganfall-Magnetresonanztomogramm oder aber moderne Computertomografie-Techniken“, sagt Joachim Röther.

Der Herz- und Schlaganfalltag findet statt am 17. Mai, 12–18 Uhr, Hotel Hafen Hamburg, Elbkuppelsaal, Seewartenstraße 9, der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Neben zahlreichen Vorträgen gibt es ein Rahmenprogramm mit z. B. Messaktionen, Beratungen und Vorführungen.