Fußballer können für die Stresssituation gezielt trainieren und somit ihre Erfolgschancen erhöhen, zeigte eine Studie der Uni Heidelberg.

Heidelberg. Hoffentlich geht er nicht vorbei - beim Elfmeterschießen stehen die Schützen unter großem Druck. Selbst die besten Spieler haben schon danebengezielt. Mit bestimmten Strategien können Fußballer sich jedoch gezielt für diese Stresssituation trainieren und somit ihre Erfolgschancen erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest der Sportwissenschaftler Georg Froese von der Universität Heidelberg in seiner Doktorarbeit.

Georg Froese, der als Sportpsychologe arbeitet und selbst in der 3. Liga spielte, ist Spielertrainer beim FC Internationale Berlin. Für seine Untersuchung führte der 34-Jährige Interviews mit Spielern, darunter der ehemalige Bundesliga-Profi Hans-Jörg Butt. Zudem wertete er Studien zu Strafstößen aus und analysierte die Aufzeichnungen Tausender Elfmeter, so alle Strafstöße in der Bundesliga-Historie und die Elfmeterschießen in den großen Turnieren weltweit. Auf dieser Grundlage passte er ein Handlungsmodell aus der Motivationspsychologie an die Elfmetersituation an und leitete daraus Annahmen über den Zusammenhang von Persönlichkeitseigenschaften und stabiler Leistung in Drucksituationen ab.

Diese Hypothesen überprüfte Froese in einem Feldexperiment, bei dem er den Stress der Elfmetersituation simulierte. "Wir haben ein eigenes Turnier ins Leben gerufen, den 'Elfmeterkönig von Leipzig', bei dem wir die Spieler durch mediale Berichterstattung, Preisvergabe und Zuschauer unter Druck gesetzt haben", erzählt der Sportwissenschaftler.

Bei seinen Studien identifizierte Froese zwei typbedingte Strategien für Elfmeterschützen. Erstens eine torhüterunabhängige Strategie für Persönlichkeitstypen, die "Ideale" anstreben und dafür auch bereit sind, Risiken einzugehen. Dabei verfolgt der Schütze einen genauen Plan und schießt in eine bestimmte Region des Tors. Der Erfolg hängt hauptsächlich von der Schussgenauigkeit ab, die trainiert werden muss.

Eine torhüterabhängige Strategie hingegen wählen Froese zufolge Spieler, die ihre Ziele eher durch Fehlervermeidung erreichen wollen. Sie nutzen ihren Vorteil als Schütze und passen den Schuss an das Verhalten des Torwarts an. Um auf solche Hinweisreize reagieren zu können, sei eine gute Kopplung von Wahrnehmung und Handlung nötig. Diese Strategie könnten Spieler trainieren und unter Drucksimulationstraining perfektionieren, um Automatismen zu entwickeln und so die Elfmeter-Angst zu reduzieren, schreibt der Sportwissenschaftler.

Froeses Forschungsergebnisse zeigten auch, dass der beste Spieler nicht automatisch auch der beste Elfmeterschütze ist. "Wer schießt, sollte nach seiner psychologischen Eignung ausgewählt werden, wobei vor allem geringe Wettkampfängstlichkeit eine Rolle spielt", so der Forscher. Aus dieser Erkenntnis zog Froese auch selbst Konsequenzen: Er setzte sich in seiner Funktion als Spielertrainer bei Internationale Berlin als Elfmeterschütze ab. "Ich habe es schon immer geahnt und jetzt durch meine Studie die Bestätigung erhalten, dass ich zum Strafstoßschießen nicht geeignet bin. Der Schütze, der mich abgelöst hat, hat bis jetzt eine perfekte Quote - insofern habe ich das richtig gemacht."

Für seine Doktorarbeit mit dem Titel "Sportpsychologische Einflussfaktoren der Leistung von Elfmeterschützen" erhielt Froese den erstmals vergebenen Wissenschaftspreis des Deutschen Fußball-Bunds.